Wo ist die Kirche? (mit Pfarrerin Margot Käßmann) - Die Folge auf der Suche nach Hoffnung #62

Shownotes

Wo finden wir Trost, Zuspruch, wer gibt uns Hoffnung? Gerade Menschen, die einsam sind brauchen einen Ort, an dem sie sich immer willkommen fühlen. Die wenigsten empfinden die Kirche als diesen Ort. Warum ist das so? Nur sehr wenige gehen noch regelmäßig in den Gottesdienst, oft sitzen sonntags fünf Leute auf der Kirchenbank. Wo sind die Stimmen der Kirche, die sich für die Schwachen stark machen? Ich höre kaum eine, weder aus dem Evangelischen noch der Katholischen Kirche. Margot Käßmann war einmal Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Hannover. Eine mutige Frau, die sich was traut. Die ihre Rolle mit Anstand und Haltung, Humor und Charme erfüllt hat. Gegen alle Widerstände. Bis…. ja bis sie zurückgetreten ist. Weil sie einen Fehler begangen hat. Darüber sprechen wir in dieser Folge, und über die Sehnsucht nach spirituellem Halt in diesen Zeiten. Über die Schwäche der Kirche und die bis heute unzulängliche Aufarbeitung der Missbrauchsskandale. Aber wir sprechen auch über das Singen von Tausendenden im Stadion wie wohltuend Gemeinschaft ist. Es fallen sehr viele Sätze, die mich zu Tränen rühren, und die ich mir aufgeschrieben habe, um sie zu behalten. Vielleicht geht es Euch ja auch so. Ganz viel Freude beim Zuhören. Und schreibt hier gerne Eure Gedanken rein.

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Transkript anzeigen

00:00:01: Was gibt uns in diesen Zeiten?

00:00:05: Hoffnung.

00:00:05: Wo finden wir Trost?

00:00:07: Wo finden wir eine Kraft, die uns hilft, wenn wir am Boden sind?

00:00:10: Und das ist für viele sehr unterschiedlich wahrscheinlich.

00:00:14: Manche beantworten sich das in ihrem Glauben.

00:00:17: Wie toll ist es, wenn man so einen richtig starken, festen Glauben hat und womöglich auch ein Zuhause in der Kirche gefunden hat.

00:00:23: Heutzutage ist es ja bei den meisten von uns so, dass wir das woanders suchen in anderen Gemeinschaften oder in anderen spirituellen Organisationen.

00:00:33: Wir machen vielleicht recht klangscheilen Yoga, wir machen Meditation, viele von uns suchen alle möglichen Wege, um irgendwie diese Kraft zu finden.

00:00:41: Unsere Eltern, unsere Großeltern sind vielleicht noch einfach so in die Kirche gegangen und haben da ihren Glauben gespürt und eben auch so was wie Hoffnung und Trost gefunden.

00:00:51: Warum ist es so, dass Die wenigsten von uns, das heute noch in der Kirche finden, ist natürlich ein sehr trauriges Kapitel eigentlich, weil die Kirche ist ja eigentlich eine riesengroße Organisation und müsste diese Rolle viel besser ausüben.

00:01:06: So ist meine Meinung.

00:01:07: Ich glaube an Gott, ich bete auch.

00:01:09: Seitdem ich ein Teenager bin, seitdem ich ein Kind bin, weiß gar nicht mehr, wann es irgendwann angefangen hat.

00:01:13: Ich mache es auch jetzt nicht immer, immer, immer, aber ich liege eigentlich, glaube ich, fast immer abends im Bett und spreche noch so ein kleines Gebet.

00:01:19: und manchmal auch zwischendurch und in Zeiten, wo ich viel traurig kann.

00:01:23: vielleicht hatte oder viele Sorgen hatte, hat mir ein Gebet immer geholfen.

00:01:27: Weil am Ende, wenn nichts anderes dir Hoffnung gibt, dann könnte das dieses Gebet ja immer sein.

00:01:32: Ich empfinde das oftmals so.

00:01:33: Aber eben ganz viele nicht.

00:01:34: Und deswegen wollte ich heute genau darüber sprechen.

00:01:37: Sehr wenige Menschen gehen noch in die Kirche.

00:01:39: Darüber wird mein Gast auch heute sprechen.

00:01:40: Margot Kessmann ist bei uns.

00:01:42: Für Menschen, die meinem Alter sind, klingelt da was.

00:01:45: Sie war mal Landesbeschöfin in Hannover.

00:01:47: Sie war Ratspräsidentin der evangelischen Kirche.

00:01:49: Und als solche war sie wirklich in Talkschuss und war einfach überall bekannt.

00:01:53: Und ganz viele fanden sie auch toll.

00:01:54: Ich auch.

00:01:55: Margot Kessmann war mal wirklich eine wahnsinnig laute, starke, kluge, warmherzige Stimme, die sich... für unsere Gesellschaft eingesetzt hat, die Themen angeschoben hat, die auch sehr mutig war, auch in der Kritik stand, aber sie war eine sehr bekannte und tolle Kirchenfrau.

00:02:13: Und dann ist sie zurückgetreten, sie hat es empfunden, dass sie zurücktreten musste, wie das alles war, das besprechen wir heute.

00:02:20: Darum geht es eigentlich gar nicht so sehr, wobei ihre persönliche Geschichte ist natürlich auch einfach sehr, sehr interessant und faszinierend und auch, was ihr damals halt gegeben hat, was ihr Kraft gegeben hat, das zu überstehen, auch darüber sprechen werden.

00:02:31: Aber auch darüber, warum die Kirche so aufgestellt ist, wie sie ist.

00:02:35: Ich habe ein paar Phasen in meinem Leben gehabt oder in unser aller Leben, wo ich wirklich das Gefühl hatte, die Kirche übt nicht die Rolle aus, die sie üben müsste und ist nicht dafür Menschen, wo dringend Halt und Geborgenheit nötig ist.

00:02:49: Also es ist ein Auseinandersetzen mit dem Thema Kirche und es ist ein Gespräch mit Margot über die Suche nach Kraft, nach Trost.

00:02:59: nach Hoffnung und die Suche nach dem Glauben.

00:03:02: Ich würde mich total freuen, wenn ihr euch darauf einlässt, auch wenn ihr vielleicht gar nicht so sehr mit dem Thema ansonsten beschäftigt seid, aber vielleicht können wir alle gemeinsam wirklich was bewirken.

00:03:12: Schön, dass es euch gibt.

00:03:13: Ich freue mich wahnsinnig.

00:03:14: doll auf dieses Gespräch und euch viel Spaß dabei.

00:03:18: Willkommen im Podcast MW Marlene.

00:03:20: Wie gelingt das Leben?

00:03:22: Diese Frage stelle ich mir oft.

00:03:24: Mein Name ist Marlene Lufen und gemeinsam mit euch suche ich

00:03:27: nach Antworten.

00:03:29: So, die Technik steht.

00:03:30: Ich bin mit einer Frau verbunden, für die ich ganz viel Wertschätzung empfinde, sowas wie Zuneigung empfinde, obwohl ich ihr noch nie begegnet bin.

00:03:39: Ich freue mich sehr, Margot Kessmann, heute bei mir im Podcast.

00:03:42: Herzlich willkommen, schön, dass du da bist.

00:03:44: Ja, liebe Marlena, ich freue mich auch.

00:03:45: Ich krieg zu heute ein bisschen, weil ich erkältet bin, aber ich freue mich auf das Gespräch.

00:03:49: Habe ich dir eben schon im Vorgespräch ganz kurz gesagt, dass mein ganzer Freundeskreis mich schon gesagt hat.

00:03:54: Und ich glaube, dass viele sich wünschen würden, mal mit dir zu sprechen.

00:03:58: in deiner Hochzeit, wo wirklich dein Name auch immer präsent war, haben, glaube ich, sehr viele Menschen eine große Achtung vor dir gehabt.

00:04:06: Und für das stehst du heute noch.

00:04:07: Für Anstand, für Kirche im warmherzigen Sinne.

00:04:12: Ist dir das bis heute bewusst und begegnet dir das bis heute?

00:04:14: Also das begegnet mir schon bis heute.

00:04:16: Also die Leute freuen sich, wenn ich komme, ich hatte jetzt gerade zwei Predigten in Wismar und in Berlin und das ist die Kirche sehr voll.

00:04:22: Und die Leute sagen, wie schön, sie mal leibhaftig zu erleben.

00:04:24: Und ich denke ein bisschen liegt das daran, dass ich damals doch drei Tage nach meinem einviertigsten Geburtstag zur Landesbeschiffeln gewählt wurde.

00:04:30: Und das war so ein Überraschungseffekt.

00:04:32: Ja, eine Frau, Mutter von vier Schulkindern kann Bischöfin werden.

00:04:35: Und da sind viele so mitgegangen, weil sie gesagt haben, das ist so eine von uns und die ist nicht irgendwo da oben, weil sie die Alltagsprobleme der Menschen einfach auch kennt.

00:04:44: Ich komme ja nicht aus einem akademischen Elternhaus.

00:04:47: Das wurde mir auch manchmal vorgeworfen, dass ich nicht aus einem akademiker Haushalt komme.

00:04:51: Aber manchmal hat mir das natürlich auch genützt, weil ich die Sprache der normalen Menschen ganz gut nachentfinden kann.

00:04:56: Es

00:04:57: war heutzutage, also in meiner Welt gilt das immer als ein Qualitätsmerkmal, dass jemand die Sprache der normalen Menschen spricht.

00:05:02: Wie verrückt es ist, dass dir innerhalb der Kirche sozusagen dein nicht intellektueller Background vorgeworfen wurde?

00:05:09: Ja, es gab sogar mal ein ganzes Kapitel in einem Buch von einem Theologieprofessor, der gesagt hat, wenn jetzt schon die Töchter von Tankstellenpechtern beschöpfen werden können, dann wissen wir, was mit der Evangelischen Kirche in Deutschland im Abwärtsgang los ist.

00:05:19: Aber ich muss sagen, ich musste darüber lachen, weil ich gedacht habe, also eine intellektuelle Kirche, die nur kopflastig daherkommt, die bewegt ja keine Herzen von Menschen.

00:05:28: Und das lag mir doch immer dran.

00:05:29: Ich wollte immer Menschen mitnehmen, bewegen, begeistern.

00:05:32: Ich bin schon auch Kredigerin aus Leidenschaften, habe auch immer versucht in den Gottesdiensten, dass die Leute auch mal lachen können und dass es ein bisschen anders zugeht.

00:05:38: und nicht so verklemmt steif.

00:05:40: Ja, ich finde, wir können so viele Dinge besprechen, Margot.

00:05:44: Und ich freue mich, dass ich diese Gelegenheit habe, mal so ein paar Sachen Fragen zu stellen und auch meinen Empfinden vielleicht loszuwerden.

00:05:50: Und das zeigt eigentlich eine Sache, die mich umtreibt.

00:05:53: Ich bin selber ein Mensch, der glaubt mein ganzes Leben lang, ohne dass wir als Familie besonders häufig in die Kirche gegangen sind.

00:05:59: Aber meine Mutter war immer eine christliche Frau, die uns auch so Glauben und Beten nahe gebracht hat.

00:06:08: Aber ich bete eigentlich immer, wenn ich im Bett liege.

00:06:11: Und ich bete manchmal zwischendrin.

00:06:12: Und trotzdem ist mir Kirche als Institution, und das geht ja sehr, sehr vielen Menschen so, dann doch sehr fremd.

00:06:18: Und zwar auch genau aus dem Grund, den du jetzt gerade beschrieben hast.

00:06:21: Ich hab so das Gefühl, das ist eine elitäre Veranstaltung.

00:06:24: Und sie ist auch als solche, versteht sie sich selbst.

00:06:27: Also wenn du mir sagst, dass eine Theologieprofessor darauf verabschaut, dass du eben nicht eine akademische Eltern hat, dass sie irgendwie einen Uniabschluss haben, dann ist das ja also wie weit entfernt.

00:06:37: ist das von dem, was Jesus doch eigentlich wollte und selber verkörpert hat?

00:06:41: Wie kann sich die Kirche so verstehen?

00:06:44: Jetzt muss ich sagen, denken wir von der Ortsgemeinde her.

00:06:47: Da gibt es schon ganz tolle Gemeinden.

00:06:48: Das muss ich auch sagen, die erlebe ich auch so junge Kolleginnen und Kollegen, die wirklich das großartig machen.

00:06:53: Ich denke an einen Einschulungsgottesdienst für einen meiner Enkel, die ein Kollege gemacht hat.

00:06:57: Das hat er so toll gemacht und hat auch Muslime und nicht-girchliche eingebründen.

00:07:01: Dass wir wirklich so, dass alle gegangen sind, haben gesagt, das war großartig.

00:07:04: Der Mann hat aber selber drei kleine Kinder, also der weiß auch, wovon er redet.

00:07:08: Und dann gibt es natürlich die hochkirchlichen Gottesdienste, wo du denkst, das ist schon sehr distanziert und ein Problem.

00:07:13: dass ich immer gesehen habe.

00:07:14: Wir machen als Kirche ja viel Positives mit Menschen.

00:07:17: Wir machen Suchtberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung, Asylberatung, Schuldnerberatung, alles Mögliche.

00:07:23: Aber die Menschen, die wir da beraten, fühlen sich trotzdem in der Kirche fremd.

00:07:27: Ich kann ein Beispiel nennen, ich war lange Herausgeberin in der Straßenzeitung hier in Niedersachsen, Asphalt.

00:07:32: Und dann radel ich hier zur Marktkirche, zum Predigen, und da steht ein Asphaltverkäufer und sagt, ey, Frau Keesmann, sagen Sie den da drinnen, wenn Sie rauskommen, sollen Sie bei mir eine Zeitung kaufen.

00:07:40: Und ich sage, komm Sie doch mit rein, das können Sie doch da aus.

00:07:42: sagen.

00:07:42: und er hat gesagt, nee, das ist nichts für mich.

00:07:44: Da dachte ich, das ist schade, weil es wäre ja schön, wenn er sagen würde, ja, das ist meine Kirche, zu der gehöre ich.

00:07:49: Also ich glaube, da muss schon auch Veränderung einfach her.

00:07:52: Und weißt du, das Verrückte ist ja diesen Wunsch, dass sich Kirche verändern muss, damit die Menschen überhaupt wieder in die Kirche gehen.

00:07:58: Der ist so lang, also seitdem es mich gibt, kenne ich genau dieses Bedürfnis, dass man darüber spricht, dass die katholischen, die evangelische Kirche doch näher aneinander rücken sollen und dass die Kirche ein Ort sein muss, wo jeder sich willkommen fühlt.

00:08:10: Und das ist einfach nicht so.

00:08:11: Ich habe gestern mal geschaut, nur noch, wenn die Zahlen stimmen, nur noch fünf Prozent der Menschen gehen in die Kirche, mindestens einmal im Monat.

00:08:22: aber da waren es um wie thirty-six Prozent, von denen die in der Kirche waren.

00:08:25: Sind das die Zahlen, die du auch hast?

00:08:27: Beobachtest du das auch?

00:08:28: Ja, das kommt ungefähr hin mit fünf Prozent Kirchgang.

00:08:31: Das ist natürlich für mich auch traurig, weil du hast gerade gesagt, beten.

00:08:34: Ich finde wichtig, dass Menschen beten können.

00:08:36: Ich finde, auch Kinder sollten wissen, dass sie beten können im Notfall, wenn sie gar nicht weiter wissen.

00:08:40: Und eine kirchliche positive Sozialisation kann ja wirklich auch gut tun.

00:08:45: Und manchmal denke ich aber auch, es ist ja nicht nur die Kirche, die sich verändern muss, sondern die Menschen, die auch die Kirche mit verändern, dann wollen alle Entschleunigungsseminare.

00:08:52: Da sage ich, du kannst jeden Sonntag um zehn Uhr in ganz Deutschland umsonst entschleunigen.

00:08:56: Geh mal in Gottesdienst, händ die auf.

00:08:58: und mal was ganz anderes hören.

00:08:59: Also, es hat beide Seiten, aber ich weiß natürlich, dass Reform nötig ist.

00:09:02: Ich sehe aber auch, dass sie passiert.

00:09:04: Da, wo ich jetzt gepredigt habe, in Berlin.

00:09:06: die Kirchengemeinde hat, das finde ich wirklich toll gemacht.

00:09:08: Die macht jetzt den Gottesdienst um elf Uhr dreißig, weil die Leute gesagt haben, wir wollen erst in Ruhe mit der Familie füllstücken, dann elf Uhr dreißig und dann gibt es hinterher eine Breste, die haben eine schöne Bar eingebaut so in ihr Gemeinderhaus.

00:09:17: Das vermieten sie jetzt.

00:09:18: Da kannst du deinen sechzigsten Geburtstag feiern, wenn du willst.

00:09:21: Also, da hatte ich das Gefühl, da passiert ganz viel, weil gefragt wird, was wollt ihr eigentlich, ihr als Gemeinde oder im Kassel?

00:09:27: habe ich in der Katholischen Kirche gepredigt und er hat gesagt, ich habe so gefragt, die Leute, was wollt ihr?

00:09:30: Dann haben sie gesagt, wir wollen den Sonntag mit der Familie verbringen, siebzehn Uhr Gottesdienst und dann mit Brezel und Glaswein und dann gehen wir zum Tatort gucken, ja?

00:09:37: Also ich denke, wenn du fragst, wie will die Gemeinde sich aufstellen, da kann sich auch was verändern und was tun und ich finde es auch traurig, dass so viele Leute sagen, brauche ich nicht.

00:09:45: Diese Gemeinschaft, ich habe Facebook und Instagram und das reicht mir.

00:09:48: Das ist ja das Verrückte, dass wir eigentlich alle gerade in diesen Zeiten, die so schwer sind, die so hart sind, wir sehen so viel Elend, wir sehen es, weil wir... medial mit der ganzen Welt verbunden sind zum einen.

00:09:58: Und wir sehen es, weil es auch wirklich sehr, sehr schwierige Zeiten gibt.

00:10:01: Und wir sehen Kriege, wir sehen, wie Politik nicht mehr glaubwürdig ist.

00:10:05: Es ist alles sehr wirklich sehr schwierig zu verdauen für uns alle.

00:10:09: Und gleichzeitig suchen alle so sehr nach einer spirituellen Quelle, die uns Hoffnung gibt, die Trost spendet, die uns so ein bisschen Gesicherheit gibt.

00:10:19: Ich mach das auch.

00:10:20: Seit Jahren gucke ich, was hilft mir, wenn ich solche großen Sorgen hatte, als Mutter von als berufstätige Frau.

00:10:28: Jeder hat ja ganz viele Themen, die auch nicht einfach sind.

00:10:31: Und das würde ich gerne mit dir besprechen.

00:10:33: Warum schafft die Kirche das nicht genau dieser Ort zu sein?

00:10:35: Also wir räuchern unsere Häuser aus und wir machen Meditation und Yoga und was wir nicht alles suchen.

00:10:40: Aber wir gehen nicht in die Kirche, weil... Da eben nicht immer unbedingt jemand steht, der so redet vielleicht wie du und solche Predigten hält, sondern irgendwas erzählt, was so gar nicht mit meinem Leben zu tun hat.

00:10:52: Also ich fände es immer schwierig, so Kollegen schelte jetzt zu sagen, die Leute sollen anders redigen.

00:10:56: Aber wie gesagt, ich kenne eben auch die anderen Beispiele, wo es gelingt.

00:11:00: Und gerade auf dem Land, würde ich jetzt mal sagen, ist oft die Kirche doch noch so ein Mittelpunkt, wo man sich trifft, wo man zusammenkommt.

00:11:05: Und das gibt da auch positive Erfahrungen.

00:11:08: In der Stadt denke ich, manchmal, ich bin jetzt hier in Hannover, ja hier rundherum sind mehrere.

00:11:11: Kirchen.

00:11:12: Da könnten wir uns ja auch entscheiden, könnten sagen, also diese Kirche, die macht jetzt ein Programm vor allen Dingen für Familie mit Kindern und sieht zu, dass dann die Mutter Sonntag nicht kochen muss oder der Vater natürlich ist.

00:11:21: Und es gibt da eine Gulaschkanone oder sowas und die andere macht halt etwas für ältere Leute.

00:11:25: Also ich glaube, dass wir da was verändern müssen, indem wir gucken, wo steht mein Kirchengebäude und was können wir hier machen.

00:11:31: Ich glaube auch, dass katholische und evangelische Kirche zusehen müssen, dass sie bei den finanziellen Belastungen, die auch uns zukommen, Gebäude teilen.

00:11:38: Ja, das macht ja keinen Sinn, dass hier lauter verschiedene Kirchen und in jeder sind Sonntag zehn Leute.

00:11:42: Also da ist schon Kreativität gefordert.

00:11:45: In Ostdeutschland ist das ja noch ganz anders.

00:11:47: Ja, ich habe neulich da eine Kollegin getroffen, da war ich in Altstadt, weil man mehr Bauern kriegt, fünfhundert Jahre dieses Jahr.

00:11:51: Und die sagt, sie hat dreizehn Gemeinden zu versorgen.

00:11:54: Und da muss man ja sagen, dreizehn Gemeinden.

00:11:55: Also die kann gar nicht so präsent sein, wie sie es auch für die Menschen gerne wäre.

00:12:00: Aber ich wünsche mir schon, dass Pastorinnen und Pastoren eben auch nahe bei den Menschen sind.

00:12:03: Das fand ich immer das Schönste an meinem Beruf eigentlich.

00:12:06: Und wahrscheinlich ist es wie in der Schule.

00:12:07: Du kannst tolle Lehrer haben, die bringen mit einer Schulstunde so viel rüber und du behältst es für Jahre im Kopf.

00:12:14: Und es gibt andere Lehrer, die sind aber nicht so wahnsinnig talentiert für ihren Beruf.

00:12:18: Und da ist das als Schüler dann so, dass man so ein bisschen das Gefühl hat, das bringt mir jetzt nicht viel.

00:12:22: Das ist wahrscheinlich in der menschlichen Natur.

00:12:24: Wir sind alle nicht frei davon.

00:12:25: Wir haben alle unsere Talente.

00:12:26: Es geht wahrscheinlich auch darum.

00:12:28: wie du das gerade angesprochen hast, dass es so viel Angestammtes gibt in der Kirche, ne?

00:12:34: Die katholische Kirche macht das so, die evangelische Kirche macht das so.

00:12:38: Und man ist nicht bereit, Dinge verschmelzen zu lassen, weil warum ist das so?

00:12:42: Also du bist ja in deiner Funktion als Bishöfen damals als Ratspräsidentin der evangelischen Kirche, hast du ja ganz viel auch versucht, ne?

00:12:50: Das war ja das, was so faszinierend war.

00:12:51: Da war eine Frau, die hat sich getraut, Sachen anzusprechen, jetzt immer auf eine sehr, sehr herzerfüllte, oder herzerfüllte Art und Weise gemacht, so dass man irgendwie sich nie vor den Kopf gestoßen gefühlt hat.

00:13:02: Wer auch immer, du hast ja versucht, Dinge zu verändern.

00:13:04: Was würdest du dir wünschen?

00:13:05: Was wäre sinnvoll, damit das Geld, das die Kirche bekommt, auch gut eingesetzt wird?

00:13:10: Na, ich denke, das habe ich vorhin schon angesprochen mit der diakonischen Tätigkeit, dass das mit den Gemeinden wieder näher zusammen sein muss.

00:13:16: Also, mein Erleben ist, dass die Leute sind schon bereit, sich zu engagieren.

00:13:20: Wenn du jetzt sagst, hier ist eine Familie, die braucht dringend jemanden, der sie unterstützt bei den Schulaufgaben für die Kinder.

00:13:26: Hier brauchen wir dringend ehrenamtliche Großeltern, weil eine alleinerziehende Mutter überhaupt nicht sonst berufstätig sein kann.

00:13:31: Dann sind die Leute bereit, sich zu engagieren.

00:13:34: Und ich denke, das müssen die Kirchengemeinden wieder mehr zusammenkriegen.

00:13:37: Das Engagement in den, ja, in den... in unserer Zeit.

00:13:41: Und dann den Gottesdienst.

00:13:42: Das muss ineinandergreifen.

00:13:43: Das habe ich ja auch erlebt in Ländern des globalen Südens, wie wir jetzt heute immer sagen, ja.

00:13:47: Ich weiß auch in Bolivien, da sind die Leute drei Stunden gelaufen aus den Bergen, um dann ihre Baracke zu kommen, um Gottesdienst zu feiern, habe sich darauf gefreut, dass sie zusammen feiern konnten und haben auch wirklich gefeiert, ja, also diesen Gottesdienst.

00:13:58: Und ich denke, diese Begeisterung, die glaube ich für mich auch haben kann, die muss erfahrbarer sein.

00:14:04: Ich glaube manchmal bei Gottesdiensten, dann schauen Sie bitte nicht so grießgränig der Philosophie.

00:14:08: Friedrich Nietzsche soll mal gesagt haben, wenn die Christen ein bisschen erlöster aussehen würden, dann wird er vielleicht an den Erlöser glauben können.

00:14:14: Ja, also das denke ich auch manchmal bei Fernseh Gottesdienst.

00:14:16: Wenn dann der Einzug ist, dann denke ich, die gucken ja alle, als ob wir an Toten glauben.

00:14:20: Wir glauben aber an den Auferstandenen.

00:14:21: Also da muss auch mehr diese Begeisterung von der wir ein Gespräch da sein.

00:14:26: Aber andererseits erlebe ich eben auch, dass die Kirche für viele da ist.

00:14:29: Also nehmen wir mal Erfurt.

00:14:30: am Martinsdag, hab ich da mal auf da oben an der Domglatte gepredigt.

00:14:33: Da waren dreitausend Kinder mit Laternen.

00:14:36: Weil die Leute das als Ritual ... gerne sehen.

00:14:38: Und ich glaube, sowas brauchen wir sowas wohl, Leute sagt.

00:14:40: Ich bin zwar nicht in der Kirche sogar, aber ich gehe da gerne hin, da habe ich Gemeinschaft, da habe ich das Gefühl, es bedeutet mir was.

00:14:46: Und ich finde, wir sollten auch sagen, diese biblischen Geschichten, ich finde, die sollten auch in kommunalen Kitas erzählt werden.

00:14:52: Das schadet niemandem, dass du in unserer Kultur weißt, wenn du zwei nackte Menschen, Baum und ein Apfel und eine Schlange siehst, dass du weißt, um welche Geschichte es sich handelt.

00:15:00: Also das fände ich mir wichtig.

00:15:02: Ich habe ein Mädchen hier getauft in Hannover und da waren dann mehrere Eltern mit Kindern und dann kam einer zu mir.

00:15:07: Ich dachte, dieses entsetzliche Altarbild.

00:15:09: Mein Sohn hat gesagt, was ist dem denn passiert?

00:15:11: Erklären Sie das meinem Sohn.

00:15:13: Er dachte, er kann seinen Sohn noch nicht mal erklären, was die Kreuzigung bedeutet.

00:15:16: Das ist auch ein Armutszeugnis.

00:15:18: Das ist natürlich ein Armutszeugnis desjenigen, der es nicht weiß.

00:15:21: Aber es ist vielleicht auch ein Armutszeugnis der Struktur, die bei uns herrscht.

00:15:24: Du hast ja gesagt, im Süden, in anderen Kontinenten, da hat die Kirche einen ganz anderen Stellenwert, wo natürlich nicht viel anderes Angebot ist, wird man sich vielleicht dann auch eher der Kirche zuwenden.

00:15:36: da auch mehr das Gespür, was ist denn wirklich das Bedürfnis der Menschen?

00:15:39: Also es geht überhaupt nicht darum, Margot, dass wir jetzt die ganze Zeit irgendwelche Priester oder Fahrer beschuldigen, nicht gut zu predigen.

00:15:48: Ich habe einfach in ein paar Schlüsselmomenten selber das Geföger, das wirklich sehr weit entfernt von dem, was Menschen wirklich umtreibt.

00:15:55: Und das beginnt ja mit der Sprache.

00:15:57: Ganz ehrlich, ich bin jetzt nicht der ungebildete Mensch auf der Welt, aber ich verstehe auch bestimmte Begrifflichkeiten gar nicht.

00:16:04: Eucharistie zum Beispiel, ihr sprecht es richtig aus?

00:16:07: Ja, ja, Eucharistie.

00:16:08: Eucharistie, Ökomene, fragen wir mal eine kleine Straßenumfrage.

00:16:12: Die meisten wissen gar nicht, was es ist.

00:16:13: Damit beschäftigt sich die Kirche aber wahnsinnig viel.

00:16:16: Und ich denke manchmal, Mensch, geht doch lieber in die Brennpunkte, stellt euch dahin und macht ein Angebot für Jugendliche, für Kinder, für Familien, die total verzweifelt sind, anstatt sowas immer wieder über die Jahrzehnte zu diskutieren.

00:16:29: Wie ist da deine Meinung?

00:16:30: Also ich denke, es ist... ist ja beides.

00:16:32: Also es gibt ja diese Projekte, ich denke jetzt mal an Werkstattkirchen, die versuchen, in ihrem sozialen Brennpunktschöttel Familien zu unterstützen, die auch, kenne ich jetzt einzeln, Gießen, die die in Altgeräte sammeln und reparieren und an bedürftige Familien weitergeben und so, das gibt es ja alles.

00:16:46: Dann gibt es natürlich diese Lehrgespräche und ich muss sagen, damit hatte ich auch immer relativ wenig Geduld.

00:16:50: Ich bin der Meinung, lass uns doch verschieden sein.

00:16:54: Also Eucharistie heißt ja eben katholisch, evangelisch, da haben wir ein grundsätzlich unterschiedliche Meinung, ob Jesus Christus jetzt real präsentiert.

00:17:01: ist in Brot und Wein oder nicht.

00:17:02: Ich habe hier Bände immer dazu, die du diskutieren kannst.

00:17:06: Aber da würde ich auch sagen, das interessiert die Katholikin und den Katholiken weniger.

00:17:10: Ich habe meine Doktorarbeit ja auch darüber geschrieben.

00:17:12: Armut und Reichtum als Anfrage an die Einheit der Kirche.

00:17:15: Und da habe ich im Grunde geschrieben die ökonomischen Unterschiede.

00:17:18: Nehmen wir jetzt mal... zwischen Christen in Tanzania und in Deutschland.

00:17:22: Die trennen die Kirche viel mehr als die Frage, ob Jesus Christus jetzt real präsent ist im Abendmahl oder nicht.

00:17:28: Und da wäre ein Katholik aus Tanzania, dem Lutteraner aus Tanzania, viel näher als jeweils dem deutschen Pendant.

00:17:35: Ich habe da auch mit wenig Geduld.

00:17:37: Man kann das theologisch natürlich diskutieren, aber ich glaube auch nicht, dass es unbedingt die Gemeinde vor Ort interessieren muss.

00:17:42: Ich möchte aber auch darüber sprechen, wie schön es ist, dass man, wenn man sich irgendwie dann doch Gott näher fühlt.

00:17:49: Das klingt im Deutschen so krass, irgendwie fast schon extremistisch.

00:17:53: Also in meinem Freundeskreis oder Kollegenkreis war letztens jemand völlig perplex.

00:17:58: Als ich gesagt habe, dass ich bete, sie ist so, ach, ist ja voll krass.

00:18:01: Deswegen, ich möchte dem Ganzen jetzt, ich will das so ehrlich wie möglich besprechen.

00:18:05: wie ich es hand habe und wo ich sozusagen meine Hoffnung manchmal suche und vor allem das eben mit dir besprechen, weil du einfach, glaube ich, da doch nochmal Menschen dazu inspirieren könntest, auch mal dort zu suchen nach Trost und Hoffnung.

00:18:19: Was war deine glücklichste Zeit in deiner Funktion als Kirchenfrau?

00:18:26: Leicht hatte.

00:18:26: In der Zeit, als ich Generalsekretärin des Kirchentages war, da hatte ich natürlich wirklich diese Kirchentage zu erleben.

00:18:32: Die sind ja dann sehr, sehr lebendig.

00:18:34: Vielleicht kann man auch sagen, ich war das der glücklichste Kirchentag, war der, als ich landesbischof bin hier in Hannover, war es im Jahr zwei Tausend Fünf.

00:18:40: Und da haben wir es geschafft.

00:18:42: An dem Eröffnungsabend haben sie mich mit so einem Hebekran nach oben über das Leineufer gezogen.

00:18:47: Und dann habe ich von da oben, da waren Zehntausende Menschen mit Kerzen einen Abendsegen gesprochen und wir haben gesungen, der Mond ist aufgegangen und das sagen wir heute noch Leute.

00:18:57: Das hätte sie emotional so bewegt, dass sie das nie vergessen haben.

00:19:00: Und mir ging es auch so, dass es Anrühren solche Erlebnisse, die müssen wir auch schaffen.

00:19:05: Wir suchen ja auch so ein Erleben.

00:19:07: Und das ist Spiritualität.

00:19:08: Also, kopflastig ist das eine, die predigt.

00:19:10: Ich finde eine gute Predigt auch gut übrigens, aber dass wir auch ein spirituelles Erleben haben.

00:19:15: Und da wünsche ich mir viel mehr

00:19:17: Mut,

00:19:17: Spiritualität anzubieten.

00:19:19: Ich habe mal ein Pilgerweg eröffnet im Jahr zweitausend.

00:19:22: Da haben sie alle gesagt, okay, ist man jetzt Pilger, das ist so katholisch.

00:19:25: Der Pilgerweg hier von Volken Roder nach Lokum, der ist ja aus dem zwölften Jahrhundert, im Grunde, da sind die Mönche von Thüringen hier nach Lokum in Niedersachsen gegangen und haben ein neues Kloster gegründet.

00:19:35: Den Pilgermenschen wirklich mit Inbrunst, mit Schweigen, vielleicht auch mit dem Bibelferst auf dem Weg und an der Strecke.

00:19:42: Dann gibt es dann Übernaftungsmöglichkeiten, also das ja auf Spiritualität, Gott erleben in der Natur.

00:19:47: Und ich finde davon brauchen wir tatsächlich mehr.

00:19:49: Das tatscht mich, das berührt mich.

00:19:51: Ich habe mich eben zu Tränen gerührt, nur als du erzählt hast, dass du da hochgefahren bist und Zehntausende Menschen dabei waren und ihr zusammen der Mondes aufgegangen gesungen habt.

00:20:00: Das zeigt ja eigentlich, was so ein Gemeinschaftserlebnis wirklich einem geben kann, wie tief es einen berühren kann.

00:20:08: Und so viele Leute gehen ja auch diesen Pilgerweg in Spanien.

00:20:11: Also Harpe Kerkeling hat darüber ein Buch geschrieben und kenne in meinem Umfeld viele Leute, die das schon gemacht haben oder planen zu machen.

00:20:18: Also das Bedürfnis.

00:20:19: ist riesengroß.

00:20:20: Wo könnte man noch mehr solche Räume schaffen?

00:20:24: Wie könnte das aussehen?

00:20:25: Ich denke auch an unsere Kirchengebäude.

00:20:27: Ich werde dann oft gefragt, ob man nicht woanders grauen oder taufen kann.

00:20:30: und dann sage ich aber, wir haben so schöne Gebäude und da gab es sogar mal einen Kabarettisten, der hier ein Stück drüber gemacht hat, die Bischöfe liebt durch betete Räume.

00:20:38: Weil ich immer gesagt habe, du stürst es einer Kirche doch an, dass das ein durchbeteter Raum ist, in dem es jahrhundertelangen Menschen ihr Glück, aber auch ihr Leid vor Gott gebracht haben.

00:20:47: Und ich finde, wir könnten diese Räume viel mehr nutzen.

00:20:49: Wir haben damals, als ich Landesbischöfen war, hier auch eine Aktion gestartet, offene Kirche, dass die Kirchen verlässlich... offen sind, muss natürlich immer wegen Vandalismus irgendeiner ehrenamtlich da sein, der ein bisschen aufpasst.

00:20:59: Aber das sehe ich hier auch in der Marktkirche in Hannover, wenn du in der Stadt bist, dass doch Menschen reingehen, eine Kerze anzünden, sich hinsetzen nur mal für zehn Minuten vielleicht.

00:21:08: Das ist für mich auch so ein Punkt, unsere Räume.

00:21:11: öffnen, fürs Schweigen, fürs Beten, weil es schon bewegende Räume ist.

00:21:15: Siehst du ja auch, wenn du mal als Touristin irgendwo bist in Mainland oder sonst was, die Leute werden schon still im Dom.

00:21:21: Also da musst du gar nicht ein Schild hochheben, hier bitte still, sondern dieser Raum, der zeigt was oder der Art mit was von dem, was Menschen da erlebt haben.

00:21:29: Ich denke, die könnten wir wesentlich mehr nutzen.

00:21:31: Es muss nicht immer Action irgendwo anders sein, sondern diese Räume öffnen, wie gesagt, das Pilgern.

00:21:36: Ich finde ja auch Singen, ja, die Deutschen verlieren das Singen.

00:21:39: Absolut.

00:21:40: Aber das mache ich oft auch bei Veranstaltungen, dass ich dann ganz zum Schluss sage, wisst ihr was, wir machen jetzt keine Zugabe hier, meinerseits, oder mit dem Musiker, mit dem ich unterwegs bin.

00:21:48: Sondern jetzt sieht die Zugabe, stehen Sie mal auf und wir singen jetzt ein Lied.

00:21:51: Guten Abend, guten Nacht, beispielsweise, da fangen Leute auch an zu weinen, mit Rosen bedacht, mit Nägeln besteckt, gehe ich unter die Deck, morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt.

00:22:00: Und da merke ich auch Singen, gemeinsames Singen.

00:22:03: Das ist auch Spiritualität für Menschen.

00:22:05: Total.

00:22:06: Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist, du erzählst davon, mir kommen schon die Tränen.

00:22:09: Genau das.

00:22:10: Und weißt du, was ich mich gerade frage?

00:22:12: An Karneval macht die Karnevalsgesellschaft das Stadion voll.

00:22:15: Und Leute singen die neuesten, die neuen Karnevalslieder üben die, damit sie die dann für die Sessionen können.

00:22:22: Also das sind so schöne Momente.

00:22:24: Und genau das macht die Kirche so gar nicht.

00:22:26: Aber darf ich mich

00:22:26: unterbrechen?

00:22:28: Ja, doch.

00:22:28: Wir haben das zum Beispiel in Hannover jetzt auch angefangen.

00:22:30: vor drei Jahren, haben wir das angefangen, Stadion singen, Weihnachtslieder singen.

00:22:33: Ist dieses Jahr auch wieder und da kamen Tausende und immer mehr, also jedes Jahr kommen jetzt mehr und dann singt ein Stadion zusammen Weihnachtslieder.

00:22:40: Toll.

00:22:40: Ich habe dann die Weihnachtsgeschichte vorgelesen.

00:22:42: Das war auch wirklich toll und das findet in mehreren Städten jetzt statt.

00:22:45: Einfach diese Weihnachtslieder mal singen und nicht nur gedattelt da White Christmas oder irgendwas aus dem Lautsprecher zu hören auf dem Weihnachtsmarkt.

00:22:53: Das hat mich auch berührt, das war wirklich toll.

00:22:55: Und ich war beim deutschen Posauntag in Dresden, habe ich gepredet.

00:22:58: Da waren Stadion voller Tausender Posaunistinnen, Posaunisten, Hörner, Trompeten und die haben dann da Musik gemacht.

00:23:04: Also ich glaube, solche Gemeinschaftserlebnisse tun auch unserer Gesellschaft gut, die so vereinzelt, dass du sagst, da kann ich hingehen, da bin ich aufgehoben.

00:23:12: Du merkst, ich war schon an zu predigen.

00:23:13: Ich höre jetzt auch gleich aufbau.

00:23:14: Nein, ich höre dir so gerne zu.

00:23:16: Es ist

00:23:16: schön.

00:23:16: So viel, was uns da halten kann.

00:23:18: Oder ich gebe dir noch ein letztes Beispiel.

00:23:20: Das hat mich... Du hast ja gesagt, was hat mich berührt, als Robert Enke sich suicidiert hat, im Jahr zwei tausendneun.

00:23:27: Da bin ich vom deutschen Fußballwund dann angerufen worden, ob ich an dem Abend danach eine Andacht mache in der Marktkirche.

00:23:33: Das ist sehr spontan, aber da dachte ich gut, also ich habe ja Worte, also Gebete, Texte.

00:23:39: Da dachte ich irgendwie, schaffen wir das?

00:23:41: Der NDR, muss ich sagen, war großartig.

00:23:43: Der hat das alles aufgebaut mit Außenübertragung, alles innerhalb eines Tages.

00:23:47: Wenn man natürlich Angst hatte, wenn jemand sich das Leben nimmt, der war so beliebt hier.

00:23:50: auch in Hannover, aber war ja auch Nationaltorhüter Robert Enke.

00:23:53: Und dann hat mir hinterher ein NDR Journalist gesagt, das waren, ich weiß nicht, ein paar Tausend Leute in der Kirche, aber viel mehr Fußballfans draußen und die hatten auch schon zum Teil ein Bier getroffen.

00:24:01: Und er hat gesagt, okay, ist mal, als sie dann gesagt haben, wir erheben uns zum Vater Unser, sind um die Kirche, um alle aufgestanden und haben miteinander das Vater Unser gebetet.

00:24:09: Und das hätte ihn so auf Jahre berührt.

00:24:12: Und da dachte ich auch, wir brauchen auch solche gemeinsamen Texte, weißt du, dass jemand das noch kennt, ja, das Vater Unser, das Ganze in jeder Lebenslage.

00:24:19: Ja, tatsächlich beten.

00:24:21: Ich

00:24:21: mache das.

00:24:21: Oder ich nehme jetzt noch einen Ball.

00:24:22: Ich mache

00:24:23: das.

00:24:24: Ich kann grad nicht sprechen.

00:24:25: Als ich damals zurückgetreten bin, das ist ja auch nur ein Alt bekannt, da habe ich diesen Satz gesagt, dass ich von Arno Pötsch gelernt habe.

00:24:33: Das ist ein Liederdichter.

00:24:34: Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand.

00:24:36: Und bis heute treffe ich Menschen, die ich verabschiede an der kirchen Tür oder sonst denen, die sagen, okay, ist man der Satz.

00:24:43: Er hat mich seitdem immer begleitet.

00:24:44: Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand.

00:24:47: Und da denke ich, wir brauchen auch solche Worte.

00:24:49: die uns halten in schweren Zeiten.

00:24:51: Das ist einfach so.

00:24:52: Absolut.

00:24:53: Und das, was du gerade gesagt hast, das Vater Unser, bei mir ist das so.

00:24:56: Ich kenne ein paar Gedichte und könnte ein paar Ferser aufsagen.

00:25:00: Aber das Vater Unser ist eben so bei mir in Fleisch und Blut übergegangen, weil ich das aus meiner Schule und Konfirmation gelernt habe.

00:25:06: Das spreche ich manchmal, wenn ich wirklich so Gedanken spiralen habe oder mich was umtrieben hat.

00:25:11: Mir geht es glücklicherweise gut, aber ich hatte auch Phasen, wo ich gekämpft habe mit Dingen mehr, als ich es im Moment habe.

00:25:18: wie jeder Mensch, gibt es Tage, wo man manchmal einfach sehr beschäftigt ist mit Sorgen, Gedanken, Gedankenspiralen.

00:25:25: Und dann hilft mir das Vater Unser, dann sage ich mir das bis meine Gedanken wieder sich beruhigt haben und dann geht es mir besser.

00:25:32: Ist das eigentlich auch der Grund, warum Menschen beten?

00:25:35: Also, hat das was Meditatives?

00:25:37: Naja, auf jeden Fall.

00:25:38: Also, ich denke, bei Beten trittst du ja ein Stück von deiner aktuellen Verfassung zurück und vertraust dich mit deiner Not oder auch deinem Glück jemand anderem an.

00:25:49: Und bei Beten entäußert sich der Mensch ein Stück und bekommt ein bisschen Abstand.

00:25:54: und was du erzählst, dass du es mehrfach betest.

00:25:56: Das ist ja auch ein Ritual, dass die Mönche kennen, dass durch diese Wiederholung du loslassen kannst.

00:26:03: Ich bin jetzt evangelisch, aber das ist beim Rosenkranz, denke ich auch tatsächlich.

00:26:06: Das Thema Martin Luther hat übrigens gesagt, da wurde er von seinem Babier mal gefragt, wie man richtig betet.

00:26:11: Und da hat Martin Luther gesagt, man soll kein Trimborium ums Beten machen.

00:26:15: Einmal am Tag das Vater Unser und ein lautes Amen gegen den eigene Zweifel.

00:26:18: Das war nicht irgendwie sehr pragmatisch.

00:26:21: Und ich denke, das Gebet sind immer auch Worte anderer.

00:26:24: Weißt du, die musst du gar nicht... erfinden, da kannst du loslassen.

00:26:27: Du kannst natürlich auch frei beten.

00:26:29: Ich habe meinen Kindern immer versucht, das auch zu sagen.

00:26:31: Aber wenn du gar nicht weiter weißt, das ging mir oft so.

00:26:35: dann ist es gut, Worte anderer zu haben.

00:26:37: Oder, ich sag mal, meine Schwester ist letztes Jahr gestorben.

00:26:39: Da bin ich mit meiner anderen Schwester in ihrem Sterbebett gewesen.

00:26:42: Und wir haben Tsarim XXIII beide aufgesagt und das Vater unser, das hat mich auch sehr berührt.

00:26:48: Wir wussten, was wir da tun können am Sterbebett.

00:26:51: Und was wir sagen können, das sind nicht unsere Worte, weil wir gar keine gehabt hätten, weil wir so traurig waren.

00:26:55: Aber wir hatten Worte, die größer sind als wir selbst.

00:26:58: Und bei Tsarim XXIII, daher ist man, hörte mir, wird nichts mangeln.

00:27:01: Da erlebe ich das oft.

00:27:02: Gerade Sterbende, die du begleitest.

00:27:06: die den Psalm mit den Lippen tatsächlich noch mitsprechen können.

00:27:09: Ja, das kann ich gerade nachfühlen, dass in der Zeit, wo man so traurig ist, dass man vielleicht gar nicht eigene Worte hätte oder gar nicht weiß, was man machen soll, dass es dann was Schönes ist, wenn man darauf zurückgreifen kann.

00:27:18: Ursula Karven war mal vor einigen Folgen, bei mir ist eine wunderschöne Folge, wo sie beschreibt, was ihr geholfen hat in schweren Zeiten.

00:27:26: Und zum Beispiel, wenn hat sie was gesagt und ganz viele aus meinem Bekanntenkreis und auch Leute, die einfach nur diesen Podcast hören und mir davon schreien, haben das übernommen.

00:27:34: Sie ist auf andere Weise sehr spirituell und wenn sie so negative Gedanken hat, die nicht aufhören wollen, dann sagt sie sich, nein, nein, nein, nein, nein, nein, so lange bis sie weggehen.

00:27:45: Und ich muss sagen, das habe ich auch schon manchmal gemacht.

00:27:47: Wenn man irgendwie nicht rauskommt aus so einem Ding und viele Leute empfinden das als tatsächlich eine ganz tolle Idee, dass man sagt, etwas Negatives wegzuschieben, dann und wenn man nur nein, nein, nein sagt, ein Gebet kann es eben auch machen, kann Trost spenden.

00:28:00: Du hast gerade gesagt, dass dir dieser Satz ja auch vor allem du hast deswegen zitiert, geholfen hat in der Zeit, die für deine Karriere, für deinen beruflichen Weg natürlich ein absolut einschneidendes Erlebnis war.

00:28:10: Als du zurückgetreten bist, du kannst nur so tief fallen wie in Gottes Hand.

00:28:13: Das ist ein ganz schönes Bild, finde ich auch.

00:28:16: Wie hat sich das damals angefühlt, als du selber entschieden hast, zurückzutreten?

00:28:21: Vielleicht muss man das, ich muss ganz kurz mal noch mal erklären, weil zum Beispiel meine jungen Technik-Kollegen die kennen die Geschichte nicht so präsent wie ich.

00:28:27: Du warst so eine wirkliche, du warst ein Star in der Kirche auf einmal.

00:28:31: weil du eine besondere Ausstrahlung hast.

00:28:34: Du hast wunderschöne Worte gefunden.

00:28:37: Bei dir ging es nur bergauf.

00:28:39: Viele fanden dich einfach ... gigantisch gut, dann bist du Bishöfen geworden.

00:28:43: Das fand man als Protestantin schon cool, dass du als Frau diese Rolle bekommen hast, dass man dir die übergeben hat, obwohl das bei einigen anderen Kirchenorganisationen auch zu Gegenwehr geführt hat.

00:28:53: Umso cooler fand man das.

00:28:55: Und hast dich eben auch in wichtigen Situationen gesellschaftlich zu Wort gemeldet und warst eine starke, warmherzige, kluge Stimme.

00:29:04: Und dann gab es diese fatale Autofahrt.

00:29:07: Es gab halt einen Fehler, den du mal gemacht hast.

00:29:11: Hat es was getrunken?

00:29:11: Eine Autofahrt unter Alkoholeinschuss, so heißt das.

00:29:15: Genau.

00:29:16: Und dann war es natürlich eine Bildzeitung voll davon, alle haben davon gesprochen.

00:29:19: Und anders als viele andere, die mal zurücktreten sollten, bist du dann zurückgetreten.

00:29:24: Mich hat das so traurig gemacht, weil ich gewünscht hätte, dass du es nicht machst.

00:29:27: Wie hast du es damals erlebt?

00:29:29: Also ich denke weiterhin, der Anlass ist natürlich peinlich und das darf eigentlich passieren, das weiß ich alles auch.

00:29:34: Aber den Rücktritt fand ich richtig.

00:29:35: Ich habe es ja auch ganz schnell schon zwei Tage später gemacht, weil ich gelau gewusst habe, eine Frau unter Algo und Einfluss, ich war so umstritten.

00:29:40: Ich war ja einfach auch umstritten.

00:29:41: Die russisch-orthodoxistische hat die Beziehung zur EKD abgebrochen, weil ich jetzt Ratsvorsitzende war.

00:29:46: Meine Kritik am Afghanistan-Einsatz, die hat mich ganz schön umgetrieben.

00:29:50: Also ich musste dann zum CDU-Präsidium und zum Verteidigungsministern.

00:29:53: Was weiß ich?

00:29:53: Da gab es Zielkritik an mir.

00:29:55: Und ich habe immer gesagt oder habe das in der Rücktrittserklärung auch gesagt, könnte solche kritischen Situationen ja gar nicht mehr durchstehen.

00:30:01: Wenn immer gesagt wird, ja, hat sie wieder Alkohol getrunken oder sowas.

00:30:05: Also es war ein Fehler.

00:30:06: Der hätte mir aber nicht passieren dürfen.

00:30:08: Es war ein Februar, ich weiß das noch ganz genau.

00:30:10: Ich wollte eigentlich mit dem Fahrrad fahren.

00:30:11: Es war aber alles vereist.

00:30:12: Da bin ich mit dem Auto gefahren und hätte zurücklaufen können.

00:30:15: Das waren zwei Kilometer.

00:30:16: Also da machst du dir selber natürlich die größten Vorwürfe.

00:30:19: Das musst du dir gar keine andere machen.

00:30:20: Aber dann war ich doch so entschlossen, weil ich nicht von anderen so behandelt werden wollte.

00:30:25: Dann wurde gesagt, es soll zur Besinnung ins Kloster gehen oder was weiß ich.

00:30:29: Und dann habe ich gedacht, weißt du was, meine Tochter kam dann morgens hoch mit der Bildzeitung und den anderen Zeitungen da.

00:30:34: Und dann habe ich das gelesen, da weiß ich was.

00:30:36: Ich habe ein eigenes Leben.

00:30:37: Ich habe das immer gerne gemacht, aber ich will nicht behandelt werden.

00:30:40: Ich handle selbst.

00:30:41: Dann habe ich meinen Team gesagt.

00:30:43: ist da was, ich trete zurück, dann haben die angefangen zu weinen, haben versucht mich abzuhalten, haben gesagt, das kannst du nicht machen.

00:30:48: Haben die Pressekonferenzen, ich wollte nicht einberufen um drei, dann habe ich das erste Mal, glaube ich, in meiner ganzen Amtszeit gedrullt, hab gesagt, dann um vier, aber ich trete zurück.

00:30:55: Und dann dachte ich irgendwo, es ist gut so, für mich war es gut so.

00:30:59: Es war ein klarer Cut.

00:31:00: Und ich bin froh, dass ich da nicht noch Wochen lang weiß, dann nachher kam, ja, der rückte von Wulf.

00:31:04: Vom Parteidigungsminister von, das zog sich alles und war zäh.

00:31:07: Und ich war immer froh, dass ich selbst gehandelt habe und mich gewartet habe bis andere das tun.

00:31:12: Ich

00:31:13: kann das für dein Leben absolut nachvollziehen.

00:31:16: Also bestimmte Dinge muss man sich nicht geben, wie man es heute formulieren würde irgendwie und sagen, was muss ich mich dem aussetzen.

00:31:22: Menschen machen Fehler, ich habe ein Fehler gemacht.

00:31:24: Also zieht die Konsequenz und mein Leben geht weiter.

00:31:27: Es ist die Frage, die mich gerade beschäftigt.

00:31:30: Wäre ein Mann auch A. so in der Kritik gewesen wie du und wäre er B. auch zurückgetreten?

00:31:36: Ja, das haben mich viele gefragt.

00:31:37: Das kann ich nicht beurteilen, aber ich hab damals gesagt, es geht mir auch um eine eigene Gratlinigkeit.

00:31:41: Und die war mir immer wichtig.

00:31:43: Und als ich beschüffelt wurde, weiss ich darauf, hab ich einen Stiegel geguckt und dachte, du siehst aber gar nicht aus wie eine Beschüffel.

00:31:48: Und wie musst du eine Beschüffel eigentlich aussehen?

00:31:49: Und dann hab ich gesagt, du bleibst einfach Margot Kästmann.

00:31:52: Und hast halt ein besonderes Amt.

00:31:53: Und das war richtig so, weil als ich zurückgetreten bin, war ich immer noch Margot Kästmann.

00:31:57: Und war dann zwei Jahre, ne, anderthalb an der Uni.

00:32:00: Und dann hat die EKD mich gefragt, ob ich Reformationsfotschafterin werden kann.

00:32:02: Und das hab ich dann bis zum Ruhestand gemacht, das war auch noch mal toll.

00:32:05: Es war auch noch mal eine Veränderung, das wäre ich jetzt immer noch, hätte ich bis mit der Sechstensessig-Beschiffin bleiben können.

00:32:10: Es war für mein Leben nicht das Furchtbarste.

00:32:12: Diese Situation ist scheißlich.

00:32:14: Auf jeder deutschen Zeitung auf Seite als, mit Foto zu sein.

00:32:17: Es war auch eine Pflaute, sonst ist nichts anderes passiert.

00:32:20: Das ist kein schönes Gefühl, kann ich nur sagen.

00:32:22: Dass da irgendwelche Paparazzi sich da morgens um sechs Uhr, wenn ihr im Hund gehst, fotografieren und von gegenüber ins Haus fotografieren, das ist nicht schön.

00:32:29: Aber ich hatte ein ganz tolles Team, die haben das wirklich dann.

00:32:32: Mein Team war der Großartige, das muss ich... Ganz ehrlich sagen, die waren sehr traurig.

00:32:36: Aber ich hatte ein tolles Team, die mich da auch wirklich dann durchgetragen haben.

00:32:39: Und meine Familie, natürlich.

00:32:40: Meine Töchter waren alle vier bei der Rücktrotspressekonferenz.

00:32:43: Das habe ich ihnen hoch angerechnet.

00:32:44: Die mussten ja alle schnell anreißen.

00:32:45: Haben dann aber gesagt, Mama, ist richtig so, mach.

00:32:48: Wenn ich mich zurückversetzt, können wahrscheinlich ganz viele nachführen, auch wenn es nicht ganz so öffentlich bei den meisten Menschen ist.

00:32:54: Aber du verlierst ein Job, deine Ehe zerbricht irgendwas passiert und du kannst es nicht zurückdrehen.

00:32:59: Vielleicht stirbt jemand, der einem nahe ist und du musst irgendwie weitermachen.

00:33:03: Du musst morgens wach werden und mit diesem Gedanken klarkommen, dass die Dinge jetzt so sind.

00:33:08: Ging dir das damals auch, dass du Albträume davon gehabt hast?

00:33:11: Wie war das?

00:33:12: Also, ich finde den Satz von dem Theologen Sören Kierkegaard hilfreich das Leben.

00:33:17: wird nur rückwärts verstanden, aber es muss vorwärts gelebt werden.

00:33:21: Und das muss ich sagen, das hat unsere Mutter uns auch mitgegeben.

00:33:24: Die hat wirklich den Krieg erlebt, Vertreibung, war im Lager interniert, zwei Jahre lang.

00:33:29: Und hat immer gesagt, du musst aber nach vorne gucken.

00:33:31: Also ich hab nie versucht zu Haar.

00:33:32: dann, was war das?

00:33:33: Und das hab ich verloren.

00:33:34: Ich hab dann gedacht, jetzt ist es so.

00:33:35: Und jetzt musst du gucken, was machst du?

00:33:37: Dann hab ich ja erst mal nach Berlin gezogen und drei Tage nach meinem Rücktritt ruft meine Freundin aus Atlanta an und sagt, hey, Margot, wir haben so eine Gastprofessur, now is the time.

00:33:47: Ich dachte, ja, wahrscheinlich hat es schon ein Recht.

00:33:49: Sie haben mich bezahlt, dann sechs Monate lang, dann habe ich mein ganzes Zeug gepackt.

00:33:52: Das war schwer, das muss ich sagen, weil ich bin in der Bischofskanzlei eingezogen.

00:33:56: Mit vier Kindern, Hund, zwei Kanäckeln, einem Hamster, drei Meerschweinchen und vier Kinder und Mann natürlich auch.

00:34:02: Und dann muss ich alleine ausziehen in der Wohnung für mich in Berlin.

00:34:05: Und das, das war irgendwie hart.

00:34:07: Da musste sich von sehr vielem trennen, Kinderpuppen wagen.

00:34:10: Und ich konnte die Wohnung ja nicht so viel mitnehmen.

00:34:12: Das war so ein Prozess, wo ich dachte, jetzt ist das wirklich ein Stück dein Leben.

00:34:16: Also das hat gedauert.

00:34:18: Das hat ein paar Wochen gedauert, bis ich das geschafft hatte.

00:34:20: Und dann in Berlin dachte ich, das ist auch interessant.

00:34:22: Jetzt fliegst du in der Atlanta und in der Atlanta, ich durfte ja nicht in die Auto fahren.

00:34:25: Hat dann die Jane gesagt, wir hätten da ein Studentenbohnheim, in dem kannst du wohnen.

00:34:28: Und dann hat sie gesagt, na gut, dann gehe ich ins Studentenbohnheim.

00:34:31: Das war aber sehr schick, wo ich sage, so ein Studentenbohnheim hat ich noch nie gesehen und hab mir dann Fahrrad ausgeliehen.

00:34:36: Und es war eine neue Zeit.

00:34:37: Auf einmal musste ich nur für mich einkaufen, nur für mich kochen.

00:34:40: Für die Studenten war ich dann alle die Rand-Old-Lady-from-Germany.

00:34:44: Ja, ein bisschen, keine Ahnung.

00:34:45: wie ich bin.

00:34:46: Es war auf einmal was ganz ganz Neues und es hat mir gut getan.

00:34:49: Ich bin wirklich nach vielen Jahren von ganz schnell und jeden Tag und sieben Tage die Woche arbeiten.

00:34:54: Das ist ja so im Bischofsamt einfach wieder zu mir gekommen.

00:34:58: Ich bin wieder runtergekommen und insofern dachte ich, es hat mir am Ende, der liebe Gott hat viel Humor, aber auch gut getan.

00:35:04: Würde ich auch sagen, kann ich in meinem Leben auch Momente beschreiben, wo es mir einfach gut getan hat, etwas zu verändern.

00:35:10: Also es hat sich etwas verändert.

00:35:12: Also mach jetzt was, was ganz anders ist.

00:35:14: Was dich noch mal herausfordert.

00:35:18: Den Kopf mit was Neuem beschäftigen und auch herausfordern.

00:35:21: Neue Wege, neue Menschen, neue Inhalte helfen einem dann, dass man nicht so in so eine Spirale verfällt und einfach nur noch traurig ist, dass die Dinge sich verändert haben.

00:35:30: Deine Kinder waren zu dem Zeitpunkt schon ... Groß?

00:35:33: Ja, die... Meine Jüngste, die war schon achtzehn, glaub ich.

00:35:37: Die hatte noch ein Jahr bis zum Abitur.

00:35:38: Sie ist hier geblieben in Hannover und hat noch Abitur gemacht und ist dann zu mir hinterhergekommen nach Berlin.

00:35:43: Die ist heute noch in Berlin.

00:35:44: Die anderen waren schon alle drei im Studium.

00:35:45: Also die waren schon weg.

00:35:46: Aber meine Jüngste-Torte hat das schon heftig erlebt, dieses Paparazzi vor der Tür.

00:35:50: Ich glaub, wir haben zwei Wochen lang nur Pista bestellt zum Bring-Wienz.

00:35:53: Er war gar nicht vor die Tür konnten, ohne dass wir fotografiert wurden.

00:35:55: Also das war eine scheusliche Situation.

00:35:57: Und ich glaub, das hat Esther auch ganz schön belastet.

00:36:01: Aber die hat Wocker zu mir gehalten, das muss ich sagen.

00:36:04: schon toll und viele andere auch.

00:36:05: Also ich habe das als Beispiel für ihn immer gewusst und da muss ich sagen, da war ich auch mir dessen immer gewusst.

00:36:11: Es gibt Leute, wenn du eine leitende Funktion hast, die tackern sich an dich an, weil sie sich an die leitende Position antackern wollen, aber nicht an dich als Person.

00:36:20: Und das war mir immer klar.

00:36:20: Also die Freundinnen und Freude sind alle geblieben, die waren grad leni und glasklar und andere sind gegangen, aber das habe ich auch nicht anders erwartet.

00:36:28: Ich habe jetzt zweimal Rostkrebs gehabt und ich glaube, das ist dann so existenziell als Erfahrung, dass du da auch das richtig Wichtige vom anderen unterscheiden kannst und sagen kannst, wenn mein Leben begrenzt ist, das weiß jeder.

00:36:40: Also das allgemeine Wissen aber, dass der Mensch sterblich ist, wird dann eine sehr persönliche Nachricht.

00:36:45: und dann unterscheidest du doch, was ist wirklich wichtig und wirklich wichtig ist alles, was wir nicht kaufen können.

00:36:51: Beziehungen, Freundschaft, Familie, ja Glück.

00:36:55: zur Friedenheit, Vertrauen.

00:36:56: Das kannst du alles nicht kaufen und das kannst du alles auch durch Ruhm und Ehre oder sonst was nicht bekommen.

00:37:01: Und insofern bin ich heute ein sehr, sehr, ich bin sehr glücklicher Mensch.

00:37:04: Ich bin unheimlich dankbar für mein Leben.

00:37:06: Hast du jemals in diesen Zeiten, die du gerade beschrieben hast in deiner Krankheit, in dem Scheitern vor aller Öffentlichkeit, aber auch im Scheitern deiner Ehe an Gott gezweifelt?

00:37:18: Das will ich zweierler sagen.

00:37:19: Einerseits, ich habe nie an Gott gezweifelt und das ist mir auch wichtig an der Bibel.

00:37:22: Das sind ja alles keine perfekten Personen.

00:37:25: Der Petrus verleugnet Jesus kaum, ist er verhaftet.

00:37:28: Vorher hat er noch gesagt, schön alles für dich tun.

00:37:30: Maria Magdalena hat einen zweifelhaften Ruf für Mosebahnmörder und hat dann das Volk in die Freiheit geführt.

00:37:36: Und Jesus ist gestorben am Kreuz.

00:37:38: Also das ist auch kein Held.

00:37:41: Und für mich schon, aber in anderem Sinne eben.

00:37:43: Und deshalb ist mir das am christlichen Glauben auch so wichtig, Gott nimmt deinen Scheitern mit rein in dein Leben.

00:37:49: Das ist Teil dein nicht leben, sie höhen und sie tiefen.

00:37:51: Und was das Scheitern betrifft, ich habe am Anfang auch gesagt, im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im.

00:38:10: Wir haben eine gute Zeit gehabt.

00:38:11: Wir haben viel aufgebaut.

00:38:13: Wir haben vier Kinder bekommen.

00:38:14: Wir taufen unsere Englisch zusammen.

00:38:16: Ich bin jetzt in Tübing mit Gregor Gizzi.

00:38:18: Da kommt mein Ex-Mann mit.

00:38:19: Also was heißt Scheitern?

00:38:21: Es war eine Zeit, ich hätte mir gewünscht, dass das alles so ist, wie wir das gewollt haben.

00:38:25: Aber manchmal muss man sagen, das Leben ist eben nicht planbar.

00:38:28: Das tut dann weh.

00:38:29: Aber mir hat damals ein Theologe geschrieben.

00:38:31: Das weiß ich noch.

00:38:32: Wenn zwei Menschen nicht mehr aneinander wachsen, sondern sich eher klein machen, dann ist das doch nicht die Ehe, die Gott da vorgesehen.

00:38:39: Und das hat mich ein bisschen getreuzt, weil ich dachte, ja, das stimmt.

00:38:42: Man muss nicht unbedingt von Scheitern sprechen.

00:38:43: Wir hatten gute Jahre.

00:38:45: Und jetzt bin ich wieder zusammen seit elf Jahren mit dem Jungen, mit dem ich den ersten Kuss ausgetauscht habe im Fosaunen-Gohr in Stadt Allendorf.

00:38:52: Wir haben es wieder getroffen.

00:38:53: Wir haben jeder vier Kinder.

00:38:54: Wir haben beide Zwillinge.

00:38:55: Zwei unserer Töchter heißen gleich.

00:38:57: Einer seiner Söhne heißt wie einer meiner Enkel.

00:38:59: Das ist ganz dicht.

00:39:00: Und das ist eine andere Phase und ein sehr schönes Glück.

00:39:04: Und mein Ex-Mann ist auch wieder verheiratet mit der wirklich sympathischen Frau.

00:39:07: Also kann man doch sagen... Da ist Friede mit allem.

00:39:10: Und ich finde, das ist wichtig, dass wir mit unserer Lebensgeschichte Frieden finden.

00:39:15: Das ist so eine schöne Liebesgeschichte, die du da gerade erzählst.

00:39:18: Ich hatte das schon mitbekommen, dass du praktisch den alten Schulfreund wieder triffst und dann auf einmal erkennst, was da für eine Verbindung ist.

00:39:26: Erzähl mal, wie seid ihr euch wieder begegnet?

00:39:28: Ich habe einen Vortrag gehalten vor, jetzt sind schon zwölf Jahre bald, Februar, ich glaube, dritter Februar, im Gießen an der Uni.

00:39:36: Und da hat er gedacht, da gucke ich mal, was die Margote heute so macht.

00:39:39: Und dann weiß ich, wie das ist.

00:39:40: nach so einem Vortrag, Händeschritt und der Universitätspräsident, da steht er auf einmal da und sagt, hallo, ich bin Andreas und ich dachte... Ich kenne noch mehr Andreas, aber dann dachte ich, das gibt's doch gar nicht der Andreas.

00:39:52: Und dann war so durcheinander, dass wir nur ganz schnell E-Mail-Adressen austauschen konnten und haben gesagt, wir kontaktieren uns irgendwie.

00:39:58: Und dann haben wir es ein paar Wochen später, als ich in der Nähe war, getroffen zum Pizza-Essam, uns unsere Lebensgeschichte erzählt und waren irgendwie ganz verrührt, was wir alles zusammen erlebt hatten, eigentlich ohne davor zu wissen.

00:40:08: Er war bei fast allen Kirchentagen gewesen.

00:40:10: Wir waren bei der Bonner Friedensdemo beide.

00:40:12: Und wie gesagt, unsere acht Kinder insgesamt, also seine vier und meine vier, sind alle... im selben Zeitraum geboren.

00:40:18: Wir waren beide, sechsundzwanzig Jahre verheiratet und damals, das war mir auch wichtig, waren wir schon beide ein paar Jahre geschieden, acht Jahre, ja.

00:40:24: Und dann konntest du ganz schnell anknüpfen, das fand ich so erstaunlich, weiß ich.

00:40:28: Andreas kennt natürlich meine Familie, der kannte meine Schwestern gut, meine Eltern.

00:40:32: Also das ist ein großes Aufgehobensein auch aus unserer Vergangenheit her, ja.

00:40:36: Wie schön.

00:40:36: Das ist natürlich wirklich eine ganz, ganz tolle Geschichte, die das Gefühl vermittelt, das war so richtig und das sollte so sein.

00:40:44: Diese Frage in Zeiten, wo es dann noch nicht so war, wo du vielleicht auch mal einsam warst oder noch nicht den Partner gefunden hast und mit neuen Gegebenheiten umgehen musstest, hatte ich diese Frage, warum gequält?

00:40:57: Warum ist mir das passiert?

00:40:58: Warum habe ich das gemacht?

00:41:00: Warum bin ich jetzt an dem Punkt?

00:41:02: im Grunde nicht so sehr.

00:41:03: Und ich bin aber ja nun, weißte, dreiundachzig Vikarien geworden seit fünfundachzig Fahrerin, was ich auch so was ich für Schicksale auch erlebt habe, weil Trauerfeiern, Beerdigung, was Menschen mitmachen.

00:41:13: Ich war in vielen Ländern, wie gesagt, das globalen Süden.

00:41:16: Ich habe Glüchtlingslager besucht und habe gedacht, ich habe ein wirklich privilegiertes Leben insgesamt.

00:41:21: Das muss ich ganz klar sagen.

00:41:23: Klar gibt es Dativen und Einschnitte.

00:41:25: Das war auch nicht immer schön.

00:41:26: Und dieses Gejagt werden von den Medien fand ich furchtbar.

00:41:29: Also ich bin auch vor jetzt, also ich möchte keinen so... Promi sein, der permanent irgendwo abgelichtet wird.

00:41:33: Das finde ich für die Menschen furchtbar, wenn das private einfach nicht mehr da ist.

00:41:38: Aber warum habe ich nicht so sehr gefragt?

00:41:39: Ich habe mich verärgert, dass ich da Auto gefahren bin, weil einfach blöd halt.

00:41:43: Also das muss man so sagen, kann man auch nicht beschönigen.

00:41:46: Aber dass das dann mein ganzes Leben so verändert, habe ich natürlich auch nicht erwartet.

00:41:50: Ja, also ich denke, bei jedem anderen Menschen oder bei jedem Menschen würde man sagen, Menschen begehen Fehler und Menschen können es auch wieder besser machen und kriegen eine zweite Chance.

00:41:59: Und es ist ja wirklich ... Also nichts Schlimmes passiert.

00:42:01: Das wäre dann wirklich das, wo man sich fragt, warum.

00:42:04: Warum, wie konnte das passieren?

00:42:05: Es gibt ja auch Menschen, die einfach etwas nicht zurückdrehen können, was sie dann getan haben oder erlebt haben.

00:42:11: Was redest du Menschen, denen das passiert?

00:42:14: Ich habe mal ein Buch über Vergebung geschrieben und da habe ich auch ein ganzes Kapitel darüber sich selbst vergeben, weil es gibt ja Situationen auf.

00:42:23: Ich habe immer irgendwie eine Geschichte in Kopf gehabt.

00:42:26: Da hat eine Frau ihren Sohn nicht mitgegeben auf den Kindergartenausflug, weil sie so eine furchtbare Angst hat, es könnte eben was passieren.

00:42:32: Und dann geht sie mit ihm einkaufen und auf dem Parkplatz des Einkaufsladens fährt ein Rentner ihn tot.

00:42:39: Und diese Frau ist furchtbar.

00:42:40: Das hat mich auch so umgetrieben.

00:42:42: Aber diese Frau hat den Rentner verklagt bis in alle Ewigkeit.

00:42:46: Ihre Ehe ist daran gescheitert.

00:42:48: Sie hat nie wieder Frieden gefunden.

00:42:51: Und deshalb denke ich, anderen Vergeben ist das eine.

00:42:54: Ich glaube, dass dich das freimacht.

00:42:56: Wenn du sagst, ich kann vergeben, das macht dich frei, weil du nicht immer nur das Opfer bist, sondern vergibst niemandem, kann Vergebung aber auktroiert werden.

00:43:03: Also gerade bei Missbrauchsopfern, mit denen habe ich ja auch immer wieder zu tun, da kann niemand sagen, du musst aber vergeben, nein.

00:43:08: Also das muss immer ganz aus innerer Freiheit, wenn überhaupt erfolgen.

00:43:12: Aber die selber vergeben, ich glaube, das ist für viele Menschen ganz schwer.

00:43:16: Aber es macht trotzdem, es macht frei, davon bin ich zutiefst.

00:43:20: zutiefst überzeugt.

00:43:22: Also vergeben hat Nesse Mandelama gesagt, das ist eine ganz starke Waffe, weil du Freiheit gewinnst und selbst dann der Täter keine Reue zeigt, in dem Moment in dem du vergibst, machst du dich frei von diesem Täter, der dich definieren will über die Tat.

00:43:34: Das ist ein Riesenprozess, aber dich selbst vergeben, das ist nicht einfach.

00:43:39: Ich kann gerade so was nachfühlen, was ich irgendwie für mich auch mal erkannt habe.

00:43:43: Also wir können ja selber immer entscheiden, wie blicken wir auf eine Situation, wie blicken wir auch auf einen Konflikt im Beruf oder in der Partnerschaft oder mit den Kindern oder was auch immer.

00:43:53: Und wenn ich für mich entscheide, egal was derjenige jetzt sagen wird oder tut, es ist okay, weil ich das entscheide.

00:44:02: Und das war für mich eine unheimliche Freiheit.

00:44:05: zu erkennen, wenn man manchmal hat man ja vielleicht so ein wie so ein grummendes Bauchgefühl, dass man denkt, oh Gott, wenn der sich jetzt meldet oder wenn das und das jetzt passiert, dann wird es mir schlecht gehen.

00:44:13: Und da habe ich irgendwann mal entdeckt, dass ich das ja selber in der Hand habe und fand das unheimlich befreiend, weil ich mir gesagt habe, es ist egal, also der kann jetzt die schlimmsten Dinge sagen, die schlimmsten Dinge machen, die schlimmsten Dinge hervorrufen, aber ich für mich weiß,

00:44:27: ja, okay,

00:44:28: kann ich mit umgehen.

00:44:29: Ich finde meinen Weg.

00:44:30: Ist nicht direkt Vergebung, aber es ist ja das selber zu entscheiden, diese Möglichkeit zu haben.

00:44:35: Also

00:44:36: es ist eine Übung, denke ich.

00:44:37: Ich habe als Beispiel für mich dann immer gehabt, ich habe einen Gottesdienst gehalten in der Kaiserwiederngedächteskirche in Berlin und dann stehen ja die Leute oft da und dann sollste noch mal eine Handschrift nach dem Gottesdienst.

00:44:45: Und da stand ein Journalist, sorry, aber... Der hatte einen echt üblen Artikel über mich geschrieben, über den hatte ich mich so geärgert und dachte, wenn der Kerl, der jetzt die Hand schüttet und will, dann entleiten dir die Gesichtszüge.

00:44:55: Und dann kam er aber tatsächlich, hat mir die Hand geschüttet und ich dachte immer, du bist eingeschöpft, Gott ist auch, du bist eingeschöpft, Gott ist auch, du bist eingeschöpft.

00:45:04: Du musst ja auch Humor behalten im Leben und sagen, oh Mann, ich kann ihn nicht leiden, ich find sein Artikel wirklich... Unfair und doof.

00:45:12: Aber kommt mal runter.

00:45:13: Lass sich nicht in diese Spirale, in die manche Leute jetzt auch eintreten, von Haas verachtung.

00:45:17: Wenn ich sehe, was Leute da schreiben, da denke ich immer, guck doch mal in den Spiegel und frag dich, ob du das posten willst.

00:45:23: Ich find's ganz schrecklich, wie Leute sich fest... Beißen.

00:45:26: Und ich krieg das ja auch mit den Social Media.

00:45:28: mich abgemeldet nach schlechten Erfahrungen.

00:45:31: Das brauche ich nicht.

00:45:31: Ich bin zu alt dafür.

00:45:32: Aber dieser Hass, ich bin ja dafür, dass wir irgendeinen Mechanismus einbauen, dass alle Leute ihre Posts erst nach vierundzwanzig Stunden wirklich absetzen können.

00:45:41: Die müssen vierundzwanzig Stunden nachdenken.

00:45:42: Will ich das wirklich sagen?

00:45:44: Schreibt mir eine du verfickte Kirchentz-Tiege.

00:45:46: Da denk ich, sagst du mir das ins Gesicht oder was?

00:45:49: Ja, du von dem Kinderschänderverein.

00:45:51: Ja, dann guck mir ins Gesicht und sag mir das und ich frag dich.

00:45:55: was du damit meinst.

00:45:56: Kann ich mich aufregen, merkst du schon?

00:45:58: Ja, ja, merke ich.

00:45:59: Und da ist ja auch so.

00:46:00: Und ganz viele Menschen sind ständig konfrontiert.

00:46:02: Ich muss sagen, ich visualisiere mir die dann immer so als ganz arme Würste.

00:46:06: Ich schreibe aber nicht, du arme Wurst, weil ich für mich entschieden habe, ich möchte den Menschen nicht auch noch die Genugtuung geben, dass sie eine Resonanz bekommen.

00:46:14: Die kriegen gar keine Resonanz von mir.

00:46:16: Ich blockier die nicht, ich mach mit denen nix, die können da unten was geschrieben.

00:46:19: Außer wenn es richtig ordinaire ist und andere Menschen davon auch noch belistigt werden, dann verberge ich das mal, aber ansonsten kriegen nicht... ätzende Typen und ätzende Menschen.

00:46:28: Von mir eine Reaktion, sondern nur Leute, die irgendwie was Wertvolles geschrieben haben, in welcher Hinsicht auch immer.

00:46:33: Das hilft schon mal, weil bei mir sind deswegen, glaube ich, gar nicht viele von diesen Blödköppen unterwegs, weil sie so kriegen ja leider Gottes keine Aufmerksamkeit.

00:46:41: Das hilft auf jeden Fall bei Social Media, kann ich nur empfehlen.

00:46:44: Und ansonsten sind es natürlich Menschen, die offensichtlich nichts Besseres zu tun haben, als irgendein fremden Leuten schreckliches unter ihren Post zu schreiben.

00:46:53: Zweihundert Posts absetzt.

00:46:57: Dann denke ich, was ist das für ein armer Mensch, der den ganzen Tag an seinem Computer sitzt und irgendwie Hass absondert?

00:47:03: Du hast die Recht, also die können einem eigentlich nur leid tun.

00:47:05: Dann kann man sagen, du tust mir echt leid.

00:47:07: Das ist traurig.

00:47:08: Das kann ja auch so eine Übung sein, ne?

00:47:09: Weil in meiner Branche war früher so eine Methode oder so ein Tool, wenn du ganz toll aufgeregt bist, dann stell dir vor, die sind alle nackt und so weiter.

00:47:20: Habe ich jetzt nie gemacht, aber das war so ein übliches Prozedere, was man Leuten empfohlen hat, wenn sie sehr, sehr doll mit Lampenfieber zu kämpfen hatten.

00:47:26: Aber mir hilft das zum Beispiel wirklich, dass ich mir denke, wahrscheinlich bist du ungeduscht, du siehst armselig und unglücklich aus und deswegen schreibst du anderen Leuten was, du interessierst mich nicht.

00:47:35: So, das sage ich.

00:47:36: Bei mir ist es dann so... die alte, wie lange will die denn noch im Fernsehen tätig sein?

00:47:40: und so.

00:47:40: Dann ist es immer dieses Alter, wenn du über fünfzig bist, als Brauch hörst du, dann liest du so was mal.

00:47:46: Da reagiere ich gar nicht drauf.

00:47:47: Der sieht bestimmt nicht gerade frisch und Jugendlich.

00:47:50: Auch Frauen.

00:47:51: Meine Mutter war ja Krankenschwester und wenn wir ein bisschen Schiss vor irgendeiner Situation hatten oder so als Kinder, dann hat sie immer gesagt.

00:47:58: Ah, stellst du euch alle in Unterhosen vor?

00:48:00: Das sehen so alle gleich aus, das weiß ich.

00:48:04: Ich glaube, das ist ein guter Rat auch.

00:48:05: Das

00:48:06: hilft auf jeden Fall.

00:48:07: Du hast gerade selber angesprochen, dieses Thema Missbrauch in der Kirche, nicht nur in der katholischen Kirche, aber da hat sie noch mal eine ganz andere Dimension, weil sie einfach eine andere Macht auch ausübt als die evangelische Kirche überall auf der Welt.

00:48:18: Ist natürlich ein riesengroßes Thema.

00:48:20: und auch da... kann man sich fragen, warum schafft die Kirche nicht, damit besser umzugehen.

00:48:26: Ich weiß, dass es für dich auch immer ein Thema war, wo du sehr versucht hast, Dinge zu bewirken, aber an deine Grenzen gestoßen bist.

00:48:34: Wo sind die Grenzen?

00:48:35: Warum sind da Grenzen?

00:48:37: Also jetzt muss ich sagen, dass ich in meiner Zeit als Landesbeschiffin, der war das hauptsächliche Thema, waren die Erziehungsheime, die evangelischen, katholischen Kinderheime, in denen Missbrauch stattgefunden hat, Gewalt, Unterdrückung, ganz furchtbar.

00:48:48: Und da haben wir damals hier so ein Wochenende gemacht, bei dem wir alle eingeladen haben, die kommen wollten.

00:48:53: Und diese Geschichten waren schon kaum erträglich, das muss ich sagen.

00:48:56: Ich weiß, dass in anderen Kinderheimen auch so zuging, aber man hätte ja erwarten dürfen, dass es in kirchlichen Kinderheimen anders zuging.

00:49:03: Das war herzergreifend.

00:49:05: Ich habe auch immer noch in unseren Fählenhausen.

00:49:06: Bild hängen, das hat mir einer von den aus den Kinderheimen, ein älterer Mann, dann schon gemalt, so ein kleiner Junge mit einer Mütze.

00:49:13: Das hat mich immer sehr angerührt, der mit zwei ganz großen Koffern davonläuft, weil er sagt, das war immer sein Traum, dass er seine Sachen nehmen kann und einfach davonlaufen kann.

00:49:21: Also das war schon herzterreißend.

00:49:23: Dann hat der Pater Mertes dann mit dem Canisius-Kolleg, im Jahr Jahrzehnte, da war ich dann ja schon zurückgetreten, angefangen aufzudecken, was es an das Brauch in der Kirche gab.

00:49:31: Und da muss ich auch selber sagen, dass ich mir das nicht habe vorstellen können, das Ausmaß.

00:49:35: klar sagen.

00:49:36: Die Evangelische Kirche ist in dem Fall nicht die bessere Kirche.

00:49:38: Ich hätte am Anfang auch immer gesagt, das hat irgendwas mit dem Zürich Bar zu tun und Sexualfeindlichkeit.

00:49:43: Aber wir haben in der Evangelischen Kirche, in der Studie, die es dazu gibt, Forumstudie, eben festgestellt, es gibt täter schützende Strukturen.

00:49:52: Und ich bin mit einigen, die wollen auch nicht immer die Opfer sein, aber Betroffenen auch im Gespräch.

00:49:56: Und die haben mir das geschildert.

00:49:58: Ja, die eine Frau hat gesagt, das ist doch der Herr Pfarrer.

00:50:01: Und da geht er zum Kopierer und das sind geschützte Räume.

00:50:05: Und auf einmal hat er die Hand auf dem Knie.

00:50:07: Und bei der Konferentan- freizeit wird Flaschen drehen gespielt.

00:50:10: Aber gegen den Herrn Pfarrer sagt auch der Kirchenvorstand nichts.

00:50:13: Also auch in der Evangelischen Kirche haben wir Täter schützense Strukturen.

00:50:17: Und das muss aufgebrochen werden.

00:50:18: Eine meiner Töchter ist Kirch-Vorstärin und die sagt, sie arbeitet da auch an dem Schutzkonzept.

00:50:23: Es muss jede Kirchengemeinde, muss jetzt ins Schutzkonzept aufstellen.

00:50:25: Aber sie ist hier für Kitas auch zuständig und sagt, das sind wir kommunal schon viel weiter.

00:50:30: Weil ihr guckt gar nicht drauf, wie sehen die Räume beispielsweise aus?

00:50:33: Wo gibt es... Ja, dunkle Räume, wo würde man sagen, da müsste immer zwei dabei sein.

00:50:39: Da darf nie ein Diagon einfacher.

00:50:41: Und Herr Battschlawik, der die Studie vorgestellt hat, hat gesagt, da muss man nicht gendern.

00:50:45: Also Täter sind in der Evangelischen Kirche Männer, katholischen auch, dass wir da viel stärker in die Offensive gehen müssen.

00:50:51: Aber es ist natürlich ein Thema, wo jeder sagt, das ist so unangenehm und eigentlich will man gar nicht drüber sprechen.

00:50:56: Und deshalb hat es auch so lange gedauert, auch für die evangelische Kirche zu erkennen, nein, nein, nein, wir sind nicht die bessere Kirche bei uns.

00:51:03: Ist das auch passiert?

00:51:04: Und ich befürchte, es passiert auch.

00:51:06: Und deshalb sage ich, die Betroffenen müssen Ombudstellen haben, auch außerhalb der Kirche, wohin sie sich wenden können.

00:51:11: Damit sie auch wissen, da gibt es einen geschützten Raum.

00:51:14: Ich kann das sagen.

00:51:15: Das Einzige, was ich jetzt positiv finde, muss ich sagen, dass wir darüber reden, dass das nicht mehr in der Schmuddelecke davon sagt man nichts, sondern ich habe neu gelesen, da waren irgendwelche Jugendschwimmgruppen.

00:51:26: Wir sind im Trainingslager und die haben gesagt, also der eine Leiter behält sich unangenehm, haben ihre Eltern informiert und die haben die Polizei informiert.

00:51:33: Und da sind super Kinder.

00:51:35: Wenn ihr jetzt wisst, das ist wichtig.

00:51:37: Euch darf das nicht angetan werden.

00:51:39: Und diese Übergriffigkeit ist unrecht.

00:51:43: Der Zabel hat das auch gesagt.

00:51:44: Es hat ihm ja keiner zugehört, einer der schlimmen Betroffenen auch.

00:51:47: Hat ihm auch keiner geglaubt.

00:51:49: Den Kindern wurde auch nicht geglaubt und den Kindern wurde nicht zugehört.

00:51:51: Und das ist echt Schuld, muss ich sagen.

00:51:53: Schuld unserer Kirche.

00:51:55: Und weißt du, du sagst gerade, was im Sportverein heutzutage ist, ist ganz klar, du rufst die Polizei, dann kommt die Polizei und verhört.

00:52:01: Aber in der Kirche, also wir sind eigentlich in einem Rechtsstaat, das ist was, was ich wirklich nicht verstehe.

00:52:05: Wir sind mit einem Rechtsstaat, aber bei der Kirche gelten andere Regeln.

00:52:08: Also korrigiere mich, wenn es heutzutage anders ist.

00:52:11: Aber ein Priester, ein Fahrer, der muss sich nicht einer Befragung so auseinander, der muss nicht die Unterlagen hergeben, wenn die Kirche der Meinung ist, die muss es nicht.

00:52:20: Und das finde ich richtig schlimm.

00:52:22: Ne, das kann ich aber sagen, das hat sich glasklage ändert.

00:52:24: Das ist eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gibt.

00:52:27: Also bei der Erkenntnis, also es kann jetzt für die Evangelische, ich weiß nicht genau, wie es eine katholische Garnetab wird.

00:52:31: Aber bei uns ist jetzt die Maßgabe ganz klar, wenn es den Verdacht von Missbrauch gibt, der geäußert wird, sagen wir von einem Kirchenvorsteher oder von Eltern, dann untersucht es nicht die Kirche, sondern das Verfahren wird an die Staatsanwaltschaft gegeben, weil die Kirche ist kein rechtsfreier Raum.

00:52:44: Ganz bestimmt nicht.

00:52:44: Und das muss ich auch sagen, das ist für mich immer klar gewesen.

00:52:47: Solche Verfahren gehören zur Staatsanwaltschaft.

00:52:50: Ich habe einen jungen Mann, mit dem ich jetzt... dass ich das noch Kontakt habe.

00:52:52: Das war der eine in Anführungsstichenfall.

00:52:54: In meiner Zeit, da haben wir es auch der Staatsanwaltschaft übergeben und die Staatsanwaltschaft hat sich da verurteilt.

00:52:58: Und bei uns ist es dann so, wenn es einen Gerichtsurteil gibt, ab zwei Jahren, dann wird automatisch aus dem kirchlichen Dienst entlassen, ohne dass es noch mal eine Untersuchung innerhalb der Kirche gibt.

00:53:07: Also ich glaube, das hat sich schon geändert.

00:53:09: Ich weiß nicht ganz genau, wie es in der katholischen Kirche ist, aber das Vertuschen, da würde ich dir recht geben.

00:53:13: Es wurde jahrzehntelang vertuscht in der evangelischen, in der katholischen.

00:53:17: Das waren ja auch lauter Männer, muss ich jetzt mal sagen.

00:53:19: Ich habe nichts gegen Männer, aber... Das waren ja die Untersicht.

00:53:21: Sie haben dann gesagt, die Kirche, ja, aber die Kirche darf nicht beschmutzt werden.

00:53:25: Also versetzen wir den von Südniedersachsener aus Friesland.

00:53:29: Und damit ist die Sache erledigt, war sie natürlich nicht.

00:53:32: Und das ist auch, finde ich, Schuld dieser Leute, die da nicht hinsehen wollten einfach.

00:53:37: Ich glaube, dass es in der katholischen Kirche nicht ebenso ist, wie du das gerade beschreibst, dass es immer noch so ist, dass interne Untersuchungsunterlagen nicht so übergeben werden müssen, sondern dass man sich daraus wenden kann.

00:53:47: Aber gut, ich bin bei dem Thema keine Anklägerin.

00:53:50: Ich kann nur sagen, dass das natürlich einen riesigen Schaden hervorgerufen hat, weil sich Menschen eben auch deswegen von der Kirche abgewandt haben.

00:53:57: Weil sie gesagt haben, was soll das für ein Ort sein, wo ich vertraue?

00:54:01: habe, wo ich den Worten von jemand so viel Wertigkeit beigebe, dass ich als besserer Mensch oder als glücklicherer Mensch aus der Kirche wieder rausgehe.

00:54:10: Und dieser Schaden ist riesengroß.

00:54:12: Aber wie kommt die Kirche damit durch?

00:54:14: Habe ich immer den Eindruck.

00:54:15: Zumindest die katholische Kirche.

00:54:17: Also ich denke tatsächlich auch, dass der Vertrauensverlust immens ist und zerstörtes Vertrauen wieder aufzubauen.

00:54:24: Das wissen wir auch aus zwischenmenschlichen Beziehungen.

00:54:27: ungeheuer schwer.

00:54:28: Und deshalb finde ich auch das einzige, was habe ich immer gesagt, ist absolute Transparenz.

00:54:34: Es muss transparent gemacht werden.

00:54:35: Was ist passiert?

00:54:37: Wer ist schuldig geworden?

00:54:38: Die Akten alle zugänglich machen, alles öffentlich zugänglich machen.

00:54:41: Transparenz ist gegen Macht, Missbrauch, das einzig adäquate Mittel.

00:54:46: Ich würde ja sagen, das heißt auch Frauen fremdeln mit der Macht.

00:54:49: Aber ich denke, Macht ist positiv, wenn du sie einsetzt, transparent, einsetzt für Ziele, die du selbst definiert.

00:54:57: Aber Macht ist dann schädlich, wenn sie mauschelt, wenn sie verdeckt, wenn keine Transparenz da ist, wenn sie missbraucht wird.

00:55:04: Und das ist in den Fällen ganz oft passiert.

00:55:06: Und das hat Menschen geschädigt.

00:55:08: Also die Menschen, die Missbrauch erlitten haben, die sind ja oft nicht in der Lage gewesen, Beruf auszüken, Ausbilden.

00:55:13: Das war ein Selbstwertgefühl zu entwickeln.

00:55:15: Also sexueller Missbrauch an Kindern ist ein gigantisches Thema, das wirklich Leben zerstört in der Kirche, aber auch darüber hinaus.

00:55:21: Für mich ist unfassbar, dass das in unserer Kirche passiert ist.

00:55:25: dass die, die eine Ahnung hatten, das ist ja auf schlimm, es nicht angezeigt haben, obwohl sie eine Ahnung hatten, dass da irgendwas nicht stimmt.

00:55:32: Ich nehme das den Tätern auch massiv übel, das muss ich sagen, weil sie ja unsere ganze Kirche in Misskredit gebracht haben, weil sie ihren Sexualtrieb nicht in den Griff bekommen haben, weil sie ihre Macht ausgeübt haben, weil sie wirklich auf alles verraten haben, woran ich glaube, das muss ich sagen, dass du Kinder schützen musst, dass du Jugendliche schützen musst in ihrer Pubertät, in ihrer Selbstfindung als Sexualität.

00:55:53: Hast du Gespräche mit Menschen geführt, die das A selber getan haben oder und B gedeckt haben?

00:56:00: Konntest du mal nachfragen, wie sowas sein kann, wie jemand mit so einer Schuld seinen Amt weiter ausübt?

00:56:06: Ich denke an einen einzigen Kollegen, mit dem ich das mal besprochen habe und der das total aggressiv abgewährt hat.

00:56:13: Viele Menschen treten aus der Kirche aus, einfach weil sie... nicht Kirchensteuer zahlen wollen und weil sie sich eben der Kirche auch nicht verbunden fühlen.

00:56:22: Ich hatte ein Großonkel, der war länger in der Rente als Feuerwehrmann gearbeitet hat und der war immer in der Kirche.

00:56:28: und ich habe wirklich immer gedacht, die Kirche macht an so vielen Stellen eine wertvolle Arbeit.

00:56:33: Deswegen möchte ich das unterstützen.

00:56:35: Ich bin sehr hart ins Zweifeln gekommen in der Corona-Zeit.

00:56:39: Da hatte ich das Gefühl, wo ist jetzt eigentlich die Kirche?

00:56:41: Die ganze Welt ist verzweifelt, einsam und verunsichert.

00:56:47: Und ich hatte so das Gefühl, die Kirche hat nicht die Aufgabe übernommen, die sie hätte übernehmen können in der Zeit.

00:56:54: Also, dahin gehen, wo Menschen alleine sind.

00:56:58: Meine Mutter zum Beispiel immer in der Kirche gewesen.

00:57:01: Also, bei der hat nie einer aus der Kirche mal geklingelt und gesagt, irgendwie können wir irgendwie helfen.

00:57:06: Das fand ich wirklich bitter.

00:57:08: Wie hast du das erlebt?

00:57:09: Ja, konnte da vieles auch nicht verstehen.

00:57:11: Ich weiß, dass Kollegen sich sogar in Altenheim reingeklagt haben über Klageweg, um Sterben zu begleiten.

00:57:15: Aber ich glaube auch, dass da die Kirche lauter sein müsste und sagen, wir können die Alten nicht alleine lassen.

00:57:20: Das geht einfach nicht.

00:57:21: Also das halte ich auch für einen echten Fehler.

00:57:23: Also, da hatten viele auch solche Angst, dass sie sogar die Kirchen geschlossen haben.

00:57:26: Dann habe ich hier auch gesagt, wir können die Kirchen nicht zu machen.

00:57:30: Also, wir können auch für Abstand sorgen, weil die Kirchen doch nicht zu machen.

00:57:33: Da war auf einmal eine ganz große, sag ich mal, mangelnde Zuversicht, weil Leute dann auf einmal so ängstlich waren.

00:57:40: Da geb ich die recht.

00:57:40: Also, das fand ich auch traurig.

00:57:42: Wir haben ja dann so was, ich habe das hier initiiert auf meinem Balkon, dass ich dann so ein Video gemacht habe, habe gesagt, wenn sie schon einsam sind, dann stellen sie sich auf ihren Balkon oder ihren Garten jeden Tag um achtzehn Uhr und da singen sie zusammen was.

00:57:52: das aufgegangen ist.

00:57:53: Ich habe auch viele gemacht, haben mir erzählt, auf Abstand in ihrer Straße, so habe ich ganz viele Videos gekriegt.

00:57:58: Also, da hätte viel mehr sein müssen, dass man sagt, wir machen was zusammen, auch wenn wir auf Abstand sein müssen.

00:58:03: Und wir lassen vor allen Dingen die Alten nicht so alleine.

00:58:05: Also, das fand ich auch tragisch, aber auch natürlich die Jungen.

00:58:09: Ja, also, wenn die sich dann heimlich, wenn sie dann gesehen haben auf dem Dorf, dann sind sie da auseinander gerannt, wenn die Karns waren, nicht drei getroffen.

00:58:14: Ich verrate euch nicht.

00:58:15: Und ich meine, das sind Bayern, das hat jetzt mit der Kirche nichts zu tun, aber das so aufgefordert wurde, die Bank zu verlassen, wenn alleine auf der Bank ein Buch ging.

00:58:22: lesen hast.

00:58:22: Ich meine, jetzt muss man auch ein bisschen nachsichtig sein.

00:58:25: Es war für alle das erste Mal.

00:58:27: Aber ich würde dir da auch recht geben.

00:58:28: Also da wurden zu viele Alte allein gelassen.

00:58:30: Wir haben dann versucht, zu streamen.

00:58:31: Die Gottesdienste nach Hause zu streamen und wurde ja in den Gemeinden dann auch viel versucht.

00:58:35: Hier meine Kirchengemeinde, muss ich sagen, die haben Briefe in jedem Briefkasten von den Kirchengemeinden mit Gittern geschnissen und haben gesagt, kommen sie auf den Vorplatz.

00:58:42: Wenn sie reden wollen, können wir mit ihnen reden oder sie können hier unseren Gottesdienst direkt streamen, wenn sie das können natürlich technisch.

00:58:49: Aber da hätte ich noch mehr passieren müssen, würde ich auch ganz klar sein.

00:58:51: Natürlich gibt es in der Kirche auch immer wieder Menschen, die sich trauen, neue Wege zu gehen.

00:58:56: Aber warum hat das nicht stattgefunden?

00:58:59: Da habe ich wirklich der Kirche richtig übel genommen.

00:59:02: dass nicht der Zeitpunkt erkannt wurde, dass genau die Kirche jetzt gefordert ist und da etwas schafft, wo Menschen Hoffnung haben, wo Menschen zusammenkommen und wenn sie nur gemeinsam singen, mit Abstand, wie auch immer.

00:59:15: Aber ich glaube, das war ein großes Fehlverhalten der Kirche oder ein Nichthandeln der Kirche.

00:59:20: Und gleichzeitig ist die Kirche so reich.

00:59:22: Ich würde gerne auch darüber einmal mit dir sprechen.

00:59:24: Du hast ja gerade schon gesagt, dass deine Doktorarbeit, glaube ich, war das, ne?

00:59:28: Deine Doktorarbeit hast du über Armut und Reichtum gesprochen und immer mal... Wieder hören wir diese aberwitzigen Zahlen, die die Kirche ja bekommt.

00:59:35: Überall auf der Welt, aber eben auch in Deutschland.

00:59:37: Die deutsche Kirche hat unglaublich viel Geld.

00:59:41: Und findest du das richtig?

00:59:44: Jetzt müssen wir zwei Sachen unterscheiden.

00:59:45: Das eine ist die Kirchensteuer, das andere sind die Staatsleistungen.

00:59:48: Und die Staatsleistungen will die Kirche auch ablösen schon lange.

00:59:50: Das stand schon im Koalitionsvertrag, ich glaube schon drei Mal, wenn das endlich geregelt werden muss.

00:59:55: Weil die Kirche auch sagt, das ist jetzt noch aus Bismarcks Zeiten vom Bereich der Protektionshauptschluss damals, dass die Kirche enteignet wurde und seitdem der Staat diese Enteignung sozusagen kompensiert.

01:00:05: Also das wollen die Kirchen selber auch, aber natürlich wollen sie Bundesländer nicht, weil es um viel Geld geht, weil die Bundesländer selbst kein Geld haben.

01:00:11: Das ist das eine, über die Staatsleistungen wird... Ich glaube, das ist schon der vierte Koalitionsvertrag, an dem das diskutiert wird.

01:00:16: Das andere ist aber die Kirchensteuer.

01:00:18: Und da muss ich jetzt mal sagen, ich sage pauschal.

01:00:20: Also, das kann es mich jetzt nicht auf die Zahlen festlegen, aber ich weiß das von damals so ungefähr.

01:00:24: Hast du gesagt, haben zwanzig Prozent der Mitglieder, zahlen achtzig Prozent der Kirchensteuer, weil natürlich das kommt von deinem eigenen Steueraufkommen her.

01:00:32: Du zahlst neun Prozent der Einkommensteuer.

01:00:34: Und euch hat mir einer gesagt, ja, davon kann man zwei Pfarrer gehält haben von meiner Kirchensteuerzahl.

01:00:38: Da weiß ich, wie hoch ihre Einkommensteuer ist.

01:00:40: Also, manche Freikirchen wollen, dass du zehn Prozent deines... Einkommensspende ist bei uns jetzt neun Prozent der Einkommenssteuer.

01:00:46: Der Staat zieht das ein und dafür zahlt die Kirche den Staat.

01:00:50: Und ich muss sagen, diese Kirchensteuer finde ich, die habe ich immer verteidigt, weil ich gesagt habe, da sind es doch auch, ich meine, die Rentner, die Kinder, die Jugendwischen, die alle von der Kirche auch stark betreut werden, die zahlen ja keine Kirchensteuer, sondern zahlen die Gutverdiener wie du und ich zum größten Teil.

01:01:03: Und also das Kirchensteuersystem hätte ich so nicht angefragt.

01:01:06: Das ist ja eine Entscheidung der Menschen, ob sie das machen wollen oder auch das nicht machen wollen, ob sie austreten wollen.

01:01:11: Und insofern finde ich das Die Kirchensteuersystem stellt die Kirche natürlich auch gut auf, wenn die Kirchen in Ostdeutschland hätten große Mühe zu existieren, wenn sie nicht so viel Unterstützung aus Westdeutschland beispielsweise bekommen würden.

01:01:21: Aber natürlich ist es so, dass man fragen kann.

01:01:24: Ich habe ein Vortrag gehalten, da kam ein spanischer Kollege und sagte ja, eure Kirche, das Problem, dass sie reich ist, unsere Kirche ist arm.

01:01:32: Bei uns verdienten Pastor ungefähr fünfhundert Euro im Monat und muss zusehen, dass er noch anders arbeitet, dass dann was verdient in England sind, in Frankreich auch, sind die Fahrer.

01:01:41: und Pfarrer bis aufs Elsassloh dringend Arm.

01:01:44: Und das ist eine Frage, die du zurechtstellen kannst.

01:01:46: Muss nicht eine Kirche auf Arm sein, um Kirche der Armen zu sein.

01:01:50: Die Frage kann man stellen, würde ich auch zugeben.

01:01:52: Also, ich hab jetzt gerade mal parallel nochmal geschaut, die Zahlen soll ruhig jeder selber googeln, aber es sind Milliarden, die die Kirche besitzt.

01:02:01: Klar, du hast es mir letztens im Gespräch schon mal gesagt, der Kölner Dom gehört dazu, der Kölner Dom ist selber einige Milliarden wert.

01:02:07: Der wird

01:02:07: eingerechnet, ja.

01:02:08: Der wird eingerechnet.

01:02:09: und trotzdem ist es so, dass die Werte, also dieser ganze Prunk, der ist, das ist ja so, das hat ja wirklich nichts mit dem zu tun, wofür das Christentum steht, wofür Jesus sich ausgesprochen hat.

01:02:22: Wie kann die Kirche das argumentieren, dass das korrekt ist, während Menschen wirklich größte Not in unserem Land auch haben und die Kirche gleichzeitig diesen unglaublichen Reichtum anhäuft?

01:02:35: Ja, bei Prunk würde ich bei der Evangelischen Kirche jetzt fragen.

01:02:38: Ja, bei der katholischen natürlich.

01:02:39: Also, Prunk haben wir so stark nicht.

01:02:41: Wir sind ja immer eher der Protestanten der Schwarze Teller und das bei viel ein bisschen zurückhaltend.

01:02:45: Aber ich finde, die Frage ist legitim.

01:02:47: Ich habe immer gesagt, unsere Kirche durch die Kirchensteuer ist natürlich auch in der Lage, ganz viel zu leisten, was sie sonst definitiv nicht leisten könnte.

01:02:55: Ja, auch an sozialer Arbeit.

01:02:56: Und bei uns ist nur das Achtzig Prozent der Kirchensteuereinkommens in Personal umgesetzt werden.

01:03:01: Zehn Prozent in Gebäude und zehn Prozent in Verwaltung.

01:03:04: was finde ich immer noch legitimierbar, muss ich sagen.

01:03:06: Aber ich kann mal sagen, dass natürlich unsere Kirche auf viele Kirchen in Osteuropa, in den Ländern des Südens, massiv unterstützt.

01:03:13: Was wir gar nicht tun könnten.

01:03:14: Und wie gesagt, auch in Ostdeutschland.

01:03:16: Was wir gar nicht tun könnten, wenn, wenn wir nicht in Westdeutschland immer noch, aber auch nicht mehr sehr lange, weil ja die Kirchenmitgliedschaft massiv zurückgeht, ja.

01:03:23: Also ich glaube, im Jahr zwei Tausendzehn war es noch so, dass man gesagt hat, zwei Drittel der Deutschen sind Mitglied einer Kirche.

01:03:27: Heute sind es unter fünfzig Prozent.

01:03:29: Also die Veränderung ist massiv und die wird die Kirche treffen.

01:03:31: Und das wird natürlich vor allen Dingen am Personal.

01:03:33: spürbar sein und das tut dann auch wieder weh, muss man sagen, wenn nicht mehr jeder Ort seinen Pfarrer, seine Pfarrerin hat, das werden schon, also schmerzhafte Veränderungen auch werden, das auf jeden Fall so.

01:03:42: Aber diese Veränderungen müssen ja sein, wenn du gerade, hast du vorhin gesagt, dass wenn am Sonntag fünf bis zehn Menschen überhaupt in der Kirche sind, wenn es ein Gottesdienst gibt, dann läuft was falsch und dann muss man reagieren.

01:03:53: Ja, und gleichzeitig müssen wir sagen, wie sehen die Dörfer alle aus, denn die Kirchen alle weg sind.

01:03:58: Das ist schon ein Symbol auch für unsere Kultur, unsere Landschaft, unsere Tradition in unserem Land.

01:04:03: Das wird sich massiv verändern, wenn das dann alles Restaurants werden oder der Kultureinrichtung.

01:04:09: Da geht auch was verloren.

01:04:10: Da habe ich auch eine gewisse Trauer, will ich ganz klar sagen.

01:04:12: Da geht auch was im Kulturschatz verloren.

01:04:14: Ich gebe dir ja recht, dass man viel an der Kirche kritisieren kann.

01:04:17: Aber der Verlust ist in Axel Noack, wie ich hoffe aus Deutschland, der hat mir mal gesagt, das Interessante ist... in Ostdeutschland, wenn die Kirche abgerissen werden soll oder verfällt.

01:04:25: Auf einmal sind sie alle da, ob sie in der Kirche sind oder nicht und sagen, unsere Kirche.

01:04:28: Die muss aber bleiben und dann packen alle mit an.

01:04:30: Also das ist auch interessant als Phänomen.

01:04:32: Weil die Kirche dann doch ein wichtiges Symbol ist.

01:04:34: Das

01:04:34: glaube ich schon.

01:04:35: Also ich, deswegen war mein Wunsch, so groß mit dir mal zu sprechen, weil ich ja auch das Gefühl habe.

01:04:38: Ich fühle mich auch der Kirche verbunden und ich fühle mich da aufgehoben, auch in diesen Glauben, dass ich... Glaube daran, dass es einen Gott gibt, der mich auch behütet und auf mich schaut und mir ab und zu mal ein kleines Zeichen geht.

01:04:54: Manchmal reagiert man richtig und manchmal sagt man macht man doch irgendwas und denkt hinterher eigentlich wusst ich es, dass es nicht gut ist, wenn du das jetzt so machst und doch hast.

01:05:03: Da hat man es irgendwie gemacht.

01:05:03: Aber ich habe so das Gefühl, es gibt eine Verbindung zwischen Gott und egal, wie man den nennt.

01:05:08: Also ich glaube, am Ende ist es alles gleich, ob du jetzt Buddhist bist oder jüdischen Glaubens oder Muslime bist.

01:05:13: Entweder du spürst da was oder du ... spürst nichts.

01:05:16: Und es ist ja was Schönes und etwas, wonach wir uns alle sehen.

01:05:19: Also ich sage mal, das werde ich auch sagen, dass erst mal ein grundsätzliches Gottesglauben gibt, dass du Transfendenzerfahrungen machst, sagen wir das ja.

01:05:27: Also, dass da mehr ist als das, was du siehst und was du wissenschaftlich erklären kannst.

01:05:31: Das ist erst mal eine Gotteserfahrung grundsätzlich.

01:05:33: Aber das wäre mir nochmal wichtig zu sagen, dass Christentum ist natürlich nochmal im Unterschied zu anderen Religionen.

01:05:40: immer um die Verletzlichkeit des Menschen weiß.

01:05:42: Und das ist mir auch Weihnachten so wichtig.

01:05:44: Gott kommt nicht im Donner mit Feuer und Macht und Schwert, sondern als Zeugling, als neu geborenes Kind.

01:05:52: Verletzlich.

01:05:53: Das sind ein Mann und eine Frau in einer ganz schwierigen Situation.

01:05:56: Da kommt ein Kind zur Welt und da müssen sie auch noch auf die Flucht.

01:05:58: Und da kommen diese Hürden, das waren sozial die unterste Stufe im alten Israel.

01:06:02: Will keine Frau gern haben, dass die dann am nächsten Tag bei dir noch vorbeischauen, kurz nach der Geburt.

01:06:06: Also ist eine sehr verletzliche Geschichte.

01:06:09: Also ist kein Gottesbild, das mit Macht.

01:06:12: in Verbindung steht, sondern eher mit der Ohnmacht, die Gott selbst gegenüber der ganzen Gewalt der Welt mitempfindet.

01:06:19: Und die Trichbonne hat mal gesagt, die Macht Gottes und die Ohnmacht Gottes zusammenzudenken.

01:06:23: Das ist die größte Herausforderung eigentlich unseres Glaubens.

01:06:26: Und das ist mir immer wichtig.

01:06:28: Das ist nicht keine romantische Geschichte.

01:06:30: Das ist eine ganz schwierige Situation.

01:06:32: Und da sagen wir, da in der Krippe, da liegt Gott.

01:06:34: Also das ist schon eine Herausforderung.

01:06:37: Für Menschen, die jetzt vielleicht gerade auch in dieser Zeit vor Weihnachten sich so wünschen würden, dass sie Geborgenheit und Gemeinschaft hätten, aber es vielleicht nicht sind, viele Menschen sind ja sehr einsam mehr als früher noch.

01:06:49: Was würdest du raten?

01:06:51: Wie findet man Trost?

01:06:52: Letztem einen würde ich schon immer raten.

01:06:55: Es gibt so schönes Adventslingen, Adventsandachten, Adventsgottesdienste, Weihnachtsgottesdienste.

01:07:00: Also die Kirche ist schon auch bei aller Kritik, die wir heute auch geäußert haben.

01:07:04: Ein Raum von Trost und Gehaltensein und diese alten Lieder.

01:07:08: Also macht Hof die Tür, stille Nacht.

01:07:10: Das kann nicht schon auf Beheimaten und Halten und Tragen.

01:07:13: Und was die Familie betrifft, habe ich auch in meinen Predigten immer versucht zu sagen, Weihnachten klärt doch eure Erwartungen.

01:07:19: Es ist nicht der schönste Tag des Jahres.

01:07:22: Fragt doch, muss das unbedingt diese Gans sein, das Hochglanz, Silberpapier und die gigantischen Geschenke?

01:07:28: Was hättet ihr gerne, wie währt ihr gerne an einem schönen Abend miteinander zusammen?

01:07:33: Oder wen könnten wir einladen, wer vielleicht auch einsam ist?

01:07:35: Ja, ich hab immer mal Leute Weihnachten da gehabt, die sonst alleine gewesen wären.

01:07:40: Also klärt die Erwartung und klärt, wie ihr feiern wollt und lasst euch nicht von irgendwelchen Hochglanzbildern da pushen, wie es zu sein hat.

01:07:47: Sondern das Weihnachten, der von dem Lukas und Matthäus erzählen, das ist ja auch... Ein eher armes gewesen, muss man sagen, in diesem Stall oder was immer es war in Bethlehem, das hat Luca sehr wunderbar geschildert.

01:07:58: Also versucht nicht zu erzwingen, dass es so sein muss wie in der Jakobs-Grafik-Röhnungswerbung mit ganz lieben Kindern und ganz schönen Menschen, sondern ihr seid am Heiligabend und ersten Feiertag keine anderen, als ihr am zwanzigsten Dezember gewesen seid.

01:08:12: Vielleicht so habe ich jetzt gerade so aus unserem Gespräch mitgenommen, vielleicht muss man sich die Kirche auch irgendwie zurückholen.

01:08:17: Also... hingehen und

01:08:19: vielleicht

01:08:20: einfordern, dass es so ist, wie ich es mich erinnere aus meiner Jugendzeit, wie ich es irgendwie schön fand und selber so ein bisschen einfordern, dass es wieder ein Ort wird, wo sich wirklich viele Menschen zu Hause fühlen.

01:08:32: Vielleicht nehme ich mir das jetzt vor, nachdem wir gesprochen haben.

01:08:35: Also das finde ich schön, weil das sehe ich doch in den Kirchengemeinden, die zu der ich hier gehöre und die zu der ich auf Usedom gehöre.

01:08:42: Es ist schon schön, wo es dann doch hinzugehen, sich zu treffen, wenn ich nicht predige, gehe ich ja auch in Gottesdienst nicht immer.

01:08:47: und sich zu freuen, sich zu treffen.

01:08:49: Und alle sind doch eigentlich bereit, alle wissen, wie schwierig es ist, mal miteinander zu überlegen, was könnten wir anders machen.

01:08:55: Also ich denke, dass es die meisten, ich kann es nicht für alle sagen, aber dass die meisten Gemeinden auch offen sind für Veränderung, für Mitmachen, für neue Formen und neue Sprache auch.

01:09:04: Und dass wir alle diesen Halt, diesen Segen auch, dass sie auch Segen da zusammenzukommen, dass wir den alle wirklich gut gebrauchen können in diesen Zeiten.

01:09:12: Glaub ich sehr und das hast du ganz toll in Worte gefasst, Margaret.

01:09:15: War wunderschön, mit dir zu sprechen.

01:09:17: Und ich nehme ganz viel für mich mit und ich hoffe, dass das auch anderen so geht, die dir jetzt diese Folge hören, dass sie einfach denken, ja komm, ich probier's mal, ich probier's mal aus.

01:09:25: Ja schön, tut mir leider so gekrechtshaft, aber es ging grad noch.

01:09:29: Danke schön.

01:09:30: Es ging ganz wundervoll.

01:09:31: Danke dir.

01:09:32: Alles Liebe.

01:09:33: Margot Kessmann mit einer unglaublichen Geschichte auf ganz persönlicher Ebene, aber eben auch in ihrer Funktion als Person des öffentlichen Lebens, vor allem als Kirchenfrau.

01:09:42: Ich nehme ein paar wunderschöne Sätze aus diesem Podcast mit.

01:09:45: Ich hoffe, ihr auch.

01:09:47: Und ich freue mich sehr, dass ihr euch auf das Thema eingelassen habt.

01:09:49: Und vielleicht ist es ja wirklich so, dass wir gemeinsam ein bisschen was bewirken können und diese Kirche uns zurückerobern und da vielleicht zusammenkommen, wo Menschen ansonsten vereinsamt und vereinzelt sind.

01:10:00: Habt eine schöne Woche, ich wünsche euch noch einen schönen... Und wir hören uns in zwei Wochen wieder.